Skip to main content
Elisabeth Kübler

Europäische Erinnerungspolitik. Der Europarat und die Erinnerung an den Holocaust

Bielefeld: transcript Verlag 2012 (Erinnerungskulturen - Memory Cultures 1); 280 S.; kart., 32,80 €; ISBN 978-3-8376-1787-0
Politikwiss. Diss. Wien; Begutachtung: W. Manoschek, A. S. Markovits. – Im Kontext der Debatten um die Entstehung einer europäischen Erinnerungskultur (siehe zuletzt etwa Buch-Nr. 43076) untersucht Kübler ein von der Forschung bisher wenig beachtetes Feld: die Holocaust-Erinnerung im Rahmen des Europarates. Auf der Basis von öffentlich zugänglichen Dokumenten des Rates sowie von Hintergrundgesprächen mit Wissenschaftlern, Politikern und Beamten entwirft die Autorin das Bild einer stark normativ ausgerichteten Erinnerungsarbeit, die gleichwohl eine Pluralität an Standpunkten zulässt. Besonders das Politische an dieser Ende der 1990er-Jahre aufgenommenen Arbeit stellt Kübler deutlich heraus. Deren Grundlage bildet die Wertetrias Menschenrechte – Rechtsstaat – pluralistische Demokratie. Organisatorisch angesiedelt im für Bildung und Kultur verantwortlichen Generaldirektorat 4, zielen entsprechende Initiativen vor allem auf die schulische Vermittlung ab. Transportiert wird dabei eine „Vorstellung von europäischer Citizenship […] und dem gewünschten Handeln von Individuen, um die Zukunft eines Europas zu gestalten, das nicht hinter die normative Stunde Null des Holocaust zurückfallen kann“ (60). Den ausgewerteten Dokumenten liegt ein breiter Holocaust-Begriff zugrunde, der nicht nur die jüdische Bevölkerung als Opfergruppe umfasst. Kübler bettet die Befunde in einen Vergleich zur Holocaust-Erinnerung in anderen inter- beziehungsweise supranationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen oder der Europäischen Union ein. Die im November 2009 abgeschlossene Dissertation wurde auf den Stand von Februar 2011 aktualisiert. Die Veröffentlichung bildet den Auftakt zu einer neuen Reihe „Erinnerungskulturen – Memory Cultures“ der Konstanzer Kulturwissenschaftlerinnen Aleida Assmann und Birgit Schwelling sowie des Tel Aviver Soziologen Natan Sznaider. Zu deren Intention und Zuschnitt erfährt man allerdings nichts, ein programmatisches Vorwort der Herausgeber wäre wünschenswert gewesen.
Martin Munke (MUN)
M. A., Europawissenschaftler (Historiker), wiss. Hilfskraft, Institut für Europäische Studien / Institut für Europäische Geschichte, Technische Universität Chemnitz.
Rubrizierung: 4.3 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Martin Munke, Rezension zu: Elisabeth Kübler: Europäische Erinnerungspolitik. Bielefeld: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34695-europaeische-erinnerungspolitik_41700, veröffentlicht am 29.11.2012. Buch-Nr.: 41700 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken