Skip to main content
Beate Binder / Gabriele Jähnert / Ina Kerner / Eveline Kilian / Hildegard Maria Nickel (Hrsg.)

Travelling Gender Studies. Grenzüberschreitende Wissens- und Institutionentransfers

Münster: Westfälisches Dampfboot 2011 (Forum Frauen- und Geschlechterforschung 33); 244 S.; 27,90 €; ISBN 978-3-89691-233-6
Gender Studies bezeichnen ein empirisches Forschungsfeld und keine Theorie. Dennoch werden sie oftmals implizit als eine solche betrachtet – oder zumindest als relativ homogenes Feld von theoretischen und empirischen Positionen gesehen. In diesem Sinne ist das Buch vor allem eine Art Selbstreflexionsprozess der Disziplin bzw. soll „einen differenzierenden Blick auf die Wissenschaftsgeschichte der Gender Studies“ (19) eröffnen. Die Herausgeberinnen knüpfen dabei an die Metapher der „reisenden Theorien“ an, die auf Edward Said zurückgeht und besagt, dass die Adaption von andernorts entwickelten Theorien und Konzepten nie ohne Anpassung und Veränderung vonstatten geht. Die Autorinnen lenken den Blick dementsprechend vor allem auf Wissenstransfers und die damit verbundenen Differenzen, lokalen Auseinandersetzungen und Neujustierungen des Forschungsfeldes. Dies geschieht anhand der Untersuchung zweier zentraler Austauschprozesse: zum einen die Begegnung und der Austausch von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, die ihre akademische Sozialisation in der BRD beziehungsweise in der DDR erfahren haben; zum anderen die Institutionalisierungsprozesse der Gender Studies in den osteuropäischen Transformationsländern und die damit verbundenen Veränderungen der Disziplin; der dritte Teil des Buches beschäftigt sich zudem mit Fragen des Theorietransfers über Disziplingrenzen hinaus. Der Blick auf das ehemals sowjetische Einflussgebiet eröffnet interessante Perspektiven. Nicht nur die unterschiedlichen Sozialisationserfahrungen, sondern auch die verschiedenen – und im Vergleich zu Westeuropa restriktiveren – Möglichkeiten der Institutionalisierung der Disziplin führten zu stark divergierenden Entwicklungen. So lässt sich zum Beispiel aus nahezu allen Beiträgen herauslesen, dass der Literatur eine große Rolle in der Entstehung der Disziplin zukam. Solche und andere Differenzen, das zeigen viele der Beiträge, führten gerade nach 1989 oft zu gegenseitigen Vorurteilen oder Skepsis. Die darauf aufbauenden Verständigungs- und Annäherungsversuche ließen die Geschlechterforschung in beiden Teilen Europas nicht unberührt. Betrachtet man das Buch in diesem Sinne als Reiseführer, stellt es Wege und Ziele vor, lässt aber offen, wohin genau die Reise weitergeht.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 2.27 | 2.36 | 2.61 | 2.62 | 2.67 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Beate Binder / Gabriele Jähnert / Ina Kerner / Eveline Kilian / Hildegard Maria Nickel (Hrsg.): Travelling Gender Studies. Münster: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34659-travelling-gender-studies_41648, veröffentlicht am 15.03.2012. Buch-Nr.: 41648 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken