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Thomas Jäger (Hrsg.)

Die Welt nach 9/11. Auswirkungen des Terrorismus auf Staatenwelt und Gesellschaft

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011 (Sonderheft der Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik 2/2011); 1.009 S.; brosch., 49,95 €; ISBN 978-3-531-18420-3
„Am 12. September 2001 war die Welt eine völlig andere und doch die gleiche: sie war andersgleich“ (11), schreibt der Herausgeber. Der Leser mag also beim „Abschreiten“ des „weite[n] Themenfeld[es]“, bei dem er „einen Blick in die Tiefe der Wirkungen dieses Tages [...] werfen“ (12) kann, erkennen, was denn nun wirklich Neues durch 9/11 entstand oder wo 9/11 als Katalysator oder willkommenes Argument zur Beschleunigung längst angelegter Entwicklungen diente. Die Lektüre zeigt, was man schon vermuten kann: Jedes Thema, das in dieser sehr gelungenen Edition Aufnahme fand, hat unweigerlich durch 9/11 einen Wandel erfahren. Und der zweite gemeinsame Nenner findet sich in der ebenso kaum überraschenden Erkenntnis, dass die Themen zum Teil schon lange vor dem 11. September 2001 angelegt waren: Sie wurden aber erst mit dem Terrorangriff einer breiteren Öffentlichkeit bekannt oder bewusst. Zwei Beispiele verdeutlichen dies sehr gut, umso mehr, da sie eher am Rande der klassischen internationalen Politik liegen: Innerhalb der US-nachrichtendienstlichen Kreise war immer schon der suboptimale Informationsfluss zwischen den Diensten kritisiert worden. Das sogenannte Versagen der Dienste 2001 war dann ein willkommener Anlass, auf der Plattform der allgemein verbreiteten und sicherlich auch von interessierten Akteuren genährten „Jetzt muss sich unbedingt etwas ändern“-Wahrnehmung, kombiniert mit diffusen Ängsten, Entwicklungen voranzutreiben, für die man vorher niemals Mehrheiten gefunden hatte oder gefunden hätte. Ähnlich steht es um das militärische Kommunikationsmanagement, das nach 2001 angeblich auf ein vollkommen neues und asymmetrisches Kriegsbild fokussiert werden musste: Psychologische Kriegsführung war aber schon immer Bestandteil militärischen Handelns, die Streitkräfte leisten sich dafür schon seit Jahrzehnten eigene Spezialverbände. Bald nach Ende des Kalten Krieges hatten die NATO-Staaten begonnen, sich neu zu orientieren, Ansätze für Informationsoperationen wurden entwickelt; aber diese Entwicklungen waren bis zum Beginn des neuen Jahrhunderts keineswegs Bestandteil des veröffentlichten Verständnisses darüber, was denn Militär sei. Was aber eben nach 2001 mit der militärischen Kommunikationsfähigkeit geschah, ist gewissermaßen grob das Muster für alle Themen dieses Bandes: Ihre Entwicklung wurde sprunghaft beschleunigt, 9/11 war der schier immer wirksame Treibstoff oder das höchstbelastbare Schmiermittel zur Veränderung. Diese Edition bietet dazu beeindruckende Einsichten.
Axel Gablik (AG)
Dr., Historiker.
Rubrizierung: 4.1 | 4.41 | 4.2 | 4.3 | 2.22 | 2.25 | 3.1 | 3.6 | 2.6 | 2.23 | 2.3 Empfohlene Zitierweise: Axel Gablik, Rezension zu: Thomas Jäger (Hrsg.): Die Welt nach 9/11. Wiesbaden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34590-die-welt-nach-911_41558, veröffentlicht am 27.01.2012. Buch-Nr.: 41558 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken