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Ingeborg Maus

Über Volkssouveränität. Elemente einer Demokratietheorie

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2011 (suhrkamp taschenbuch wissenschaft 2007); 427 S.; 16,- €; ISBN 978-3-518-29607-3
Der Band integriert eine Reihe von – teils erheblich überarbeiteten – Einzelbeiträgen, die Maus in ganz „praktischer“ (20), das heißt in normativer, demokratiewissenschaftlicher Absicht im Spannungsfeld von Demokratie, Souveränität und Verfassung ansiedelt. Politikwissenschaft und Rechtswissenschaft gehen dabei insofern Hand in Hand, als dass die Integration der Vielheit der Individuen durch den Rechtsstaat jenen Raum erst zu entfalten vermag, der in modernen komplexen Gesellschaften gestaltende Teilhabe als fortwährenden Lernprozess überhaupt wahrscheinlich macht. Entgegen der Übertragung der Souveränitätskompetenz an die Exekutive, wie Carl Schmitt sie in seiner dezisionistischen Politiktheorie so vehement gegen den politischen Liberalismus vertreten hat, sieht Maus sich als Sachwalterin einer an die „Bevölkerung“ (Hans Haacke) überantworteten Gestaltungskompetenz der politischen Praxis: „Die Diskussion des Souveränitätsprinzips [...] verkennt auf diese Weise, daß die innerstaatliche Souveränität des demokratischen Nationalstaats seit Anbeginn ausschließlich durch die Gesetzgebungsfunktion definiert ist und deshalb nichts anderes bedeutet, als Volkssouveränität.“ (375) Mit Blick auf die gegenwärtigen Diskussionen um das Thema der Global Governance gelingt ihr mit dieser normativen Perspektive – neben den kenntnis- und detailreichen Besprechungen der demokratietheoretischen Implikationen der neuzeitlichen und modernen politischen Theorie, angefangen bei den Vertragstheoretikern über Rousseau, Kant und Fichte bis hin zu Habermas – eine fundierte Kritik an den Abgesängen auf die Demokratie (etwa von Jean-Marie Guéhenno) in global- oder supranationalstaatlichen Kontexten. Nationalstaat und Volkssouveränität, insofern sie nur im Verbund mit Rechtsstaatlichkeit zu denken sind, ermöglichen nämlich durch die von ihrem Anspruch her universell konzipierten Normierungsmechanismen perspektivisch eine nachhaltige „Extraterritorialität der Rechtsgeltung“ (405). In der globalisierten Politik würde diese universelle, weil eben territorial entbundene Rechtsnorm den Menschen jene Sicherheit und jenes Vertrauen wiedergeben, die gegenwärtig – Occupy-Bewegung hin oder her – durch eine als „objektives Verhängnis“ (376) hingenommene Globalisierung fast völlig erodiert sind.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.1 | 5.41 | 5.42 | 5.32 | 5.33 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Ingeborg Maus: Über Volkssouveränität. Frankfurt a. M.: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34494-ueber-volkssouveraenitaet_41429, veröffentlicht am 17.11.2011. Buch-Nr.: 41429 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken