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Heiner Michel

Warum Gleichheit? Eine Kritik des liberalen Egalitarismus

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2011 (Campus Forschung 954); 237 S.; kart., 29,90 €; ISBN 978-3-593-39512-8
Diss. Frankfurt a. M. FB Philosophie und Geschichtswissenschaften. – Der Egalitarismus verfügt innerhalb der politischen Philosophie – nicht zuletzt aufgrund der profunden Arbeiten von John Rawls und Ronald Dworkin – immer noch über eine große Bedeutung. Das Postulat der Gleichheit bedarf eigentlich – so hat es Ernst Tugendhat formuliert – keiner besonderen Begründung; begründungsbedürftig seien vielmehr Abweichungen von der Egalität. Gegenüber dieser (vermeintlichen) normativen Überlegenheit der egalitaristischen Perspektive gibt es indes vermehrt kritische Stimmen, die den behaupteten Zusammenhang von Gleichheit und Gerechtigkeit bezweifeln. Im Anschluss an diese jüngere Debatte des Non-Egalitarismus setzt sich der Autor mit dem Verhältnis von moralischer und distributiver Gleichheit primär in Konzeptionen des sogenannten Glücksegalitarismus auseinander. Dabei entwickelt er im Wesentlichen zwei aufeinander aufbauende Einwände. Einerseits werde das Prinzip der Gleichheit argumentativ überdehnt, wenn mit ihm alle relevanten Aspekte von Gerechtigkeit erfasst werden sollen. Andererseits weise der Egalitarismus eine gewisse Affinität gegenüber Prämissen liberaler Ökonomik auf, denen zufolge ideale Märkte gerechtigkeitssichernd seien. Diese problematischen Konsequenzen ergeben sich – so der zentrale Einwand des Autors – aus dem egalitaristischen Formalismus, der Gleichheit allein durch die Form von Verteilungsverhältnissen definiere und damit auf materiale Standards verzichte, „wie sie unter anderem die aristotelisch und humanistisch begründete Gewährleistung grundlegender Dimensionen eines gedeihlichen menschlichen Lebens erfordert“ (15). Michel systematisiert zunächst – der grundlegenden Unterscheidung von Allgemeinheit und Gleichheit folgend – die Argumente für und gegen Gleichheit. Sein Resümee dieser Abwägung, Gleichheit spiele bei Gerechtigkeitsfragen eine nachgeordnete Rolle, illustriert er abschließend in Auseinandersetzung mit zwei politisch strittigen Themen: der Zuteilung von Ressourcen nach Verdienst und möglichen Kriterien gerechter Entlohnung.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.42 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Heiner Michel: Warum Gleichheit? Frankfurt a. M./New York: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34483-warum-gleichheit_41416, veröffentlicht am 31.05.2012. Buch-Nr.: 41416 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken