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Gernot Erler / Peter W. Schulze (Hrsg.)

Die Europäisierung Russlands. Moskau zwischen Modernisierungspartnerschaft und Großmachtrolle

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2012; 282 S.; kart., 34,90 €; ISBN 978-3-593-39529-6
Nur wenige Monate ist es her, dass Dmitrij Medwedew auf eine erneute Kandidatur für das Amt des Präsidenten zugunsten seines Amtsvorgängers Wladimir Putin verzichtete. Hatte Putin dem Land nach der als chaotisch charakterisierten Jelzin-Ära seine innere Stabilität und seine nationale Würde wiedergegeben und zudem für ein beachtliches Wirtschaftswachstum durch die Ausbeutung der Bodenschätze gesorgt, so war es Medwedew, der auf die Probleme einer einseitig auf den Rohstoffexport fixierten Ökonomie und auf die Notwendigkeit einer umfassenden Modernisierung der Wirtschaft hinwies. Ungeachtet dessen, dass sich die russische Vorstellung von Modernisierung von der der EU-Staaten unterscheidet, beinhaltete dessen Diagnose den Wunsch nach einer stärkeren Vernetzung von Wissenschaft, Technologie und Wirtschaft in einem europäischen Rahmen. In einer Art Bestandsaufnahme finden sich die wichtigsten Ereignisse und politischen Entscheidungen der jüngsten Vergangenheit in dem Band versammelt. Der von Gernot Erler verfassten Einleitung folgen insgesamt sechs Kapitel von Peter W. Schulze, Hans-Joachim Spanger, Hans Martin Sieg, Gerhard Mangott, Uwe Halbach und Christian Wipperfürth, die sich mit dem politischen System Russlands, mit dem Verhältnis Russlands zur NATO, mit den Beziehungen zur EU, dem speziellen Themenkomplex der Gasversorgung Europas und den russischen Ambitionen in der von Putin ins Spiel gebrachten Eurasischen Union befassen. Wenngleich der Titel suggeriert, dass Russland außerhalb der europäischen Normen- und Wertegemeinschaft steht, so zeichnen die Autoren doch sehr detailliert und kenntnisreich das Bild eines wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnisses, aus dem sich Chancen und zugleich die Notwendigkeit einer weiteren Annäherung an die EU ergeben. Ob diese – wie die Autoren annehmen – einer Art teleologischer Zwangsläufigkeit folgt, bleibt abzuwarten und ist auch davon abhängig, welche Idee der alte und neue Präsident dem Land zuweist und ob er die Modernisierungsvorschläge Medwedews aufnimmt.
Michael Vollmer (MV)
M. A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Professur für Politische Theorie und Ideengeschichte, TU Chemnitz.
Rubrizierung: 2.62 | 4.22 | 2.2 | 2.22 | 3.6 Empfohlene Zitierweise: Michael Vollmer, Rezension zu: Gernot Erler / Peter W. Schulze (Hrsg.): Die Europäisierung Russlands. Frankfurt a. M./New York: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34475-die-europaeisierung-russlands_41407, veröffentlicht am 14.06.2012. Buch-Nr.: 41407 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken