Die Sicherung des Rechtsstaatsgebotes im modernen europäischen Recht – anhand von Garantien im Recht der Europäischen Union sowie in Russland und Deutschland
Die Sicherung des Rechtsstaates ist eine Herausforderung, der sich nicht nur junge, sondern ebenso konsolidierte Demokratien verschreiben müssen. Die Existenz einer Verfassungsgerichtsbarkeit sei „weder eine notwendige noch eine hinreichende Voraussetzung für die Rechtsstaatlichkeit eines Staates“ (11), schreibt Hans-Jürgen Papier einleitend. Zur Sicherung des Rechtsstaatsangebots bedürfe es, so Papier weiter, immer eines gemeinsamen und sich gegenseitig kontrollierenden Prozesses der drei staatlichen Gewalten mit dem Verfassungsgericht. Aufbauend auf diese theoretischen Ausführungen werden in weiteren Beiträgen die Spezifika von Rechtsstaatsprinzip, Strafrecht, Strafprozess und Verwaltungshandeln in den Ländern der EU reflektiert. Auf das komplexe Spannungsfeld der rechtsstaatlichen Problematik in Russland geht der russische Rechtsexperte Andrej Matsnev in einem überblicksartigen Artikel ein. Das Land sei sowohl von europäischem als auch orientalischem und asiatischem Denken geprägt und verfüge – im Vergleich zu den westlichen Rechtsdemokratien – über keine jahrhundertealte rechtsstaatliche und föderale Tradition. Dieses Defizit schlage sich sowohl in der rechtsstaatlichen Auslegungspolitik als auch im politischen Verständnis des Föderalismus nieder. Das daraus resultierende „dialektische Wechselverhältnis von Rechtsstaat und Gebieten der Föderation“ (126) hält Matsnev für sehr problematisch. Der Sammelband bietet einen gekürzten Einblick in die Ergebnisse eines deutsch-russischen Forschungsprojekts. In dieser deutschsprachigen Ausgabe sind lediglich die EU-bezogenen Forschungsbeiträge sowie der (schlecht) übersetzte Beitrag von Matsnev publiziert. Vor dem Hintergrund, dass die Herausgeber den Anspruch hatten, einen deutsch-russischen wissenschaftlichen Dialog zu initiieren, ist es bedauerlich, dass lediglich die deutschen Beiträge ins Russische, jedoch die russischen nichts ins Deutsche übersetzt wurden. Die in Moskau veröffentlichte russischsprachige Gesamtausgabe ist somit um sechs Beiträge von russischen Hochschullehrern erweitert, in denen aktuelle Forschungsergebnisse zum Stand der rechtsstaatlichen Entwicklung in den postsowjetischen Staaten von Mittelosteuropa bis Ostasien präsentiert werden.