Emergenz eines internationalen Bildungsregimes? International Educational Governance und Regimetheorie
Im Zentrum des Interesses steht die Frage, inwiefern politikwissenschaftliche Theoriediskussionen zu Global Governance und internationalen Regimen für die erziehungswissenschaftliche Forschung genutzt werden können. Das Bildungssystem habe immer schon in einem Spannungsfeld zwischen internationalem Umfeld und nationaler Umsetzung gestanden, schreibt der Autor. Er diagnostiziert gleichwohl eine neue Qualität in diesem Spannungsfeld und ein Defizit theoretischer Konzepte in der vergleichenden Erziehungswissenschaft. Die Formulierung von Bildungspolitik geschehe heute in einem koordinierten System von Nationalstaat, internationalen Organisationen und zivilgesellschaftlichen Akteuren. Vor diesem Hintergrund geht Parreira do Amaral zwei Fragenkomplexen nach: „Welche Wirkungen haben diese Veränderungen in der Formulierung von Bildungspolitik für Bildung und Erziehung [...] auf der Ebene der Organisation, auf der Ebene der Programmatiken, der Legitimation öffentlicher Bildung und Erziehung sowie auf der Ebene der Interaktion in Bildungsinstitutionen? Wie lassen sich die neuen Konstellationen in der Bildungspolitik konzeptualisieren, sodass die internationale Ebene zwar als eigenständig gedacht, die Beziehung zur nationalen Ebene jedoch nicht als Nullsummenspiel begriffen wird?“ (19) Die Fragen werden ausschließlich als Theoriediskussion bearbeitet, weitgehend ohne Rückgriff auf empirische Daten. Daher kann der Autor auch nur Hinweise auf mögliche theoretische Entwicklungen geben. Würde sich ein internationales Bildungsregime herausbilden, in dem zwar kein einheitlicher Masterplan verfolgt, sehr wohl aber eine intensive Koordinierung betrieben wird, sieht Parreira do Amaral demokratietheoretische und pädagogisch-erziehungswissenschaftliche Probleme: einerseits eine Orientierung der nationalstaatlichen Handlungsmöglichkeiten auf bestimmte Optionen, wodurch demokratische Deliberation und Entscheidung beschränkt würde; andererseits der Verzicht auf grundlegende Fragen nach dem Zweck von Bildung. Mit seiner Arbeit möchte der Autor einen Beitrag dazu leisten, dass diese beiden Probleme in der erziehungswissenschaftlichen Diskussion frühzeitig erkannt und vermieden werden.