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Heiko Geue

Politik ist Wille. Perspektiven für eine Europäische Innenpolitik

Berlin: vorwärts buch GmbH 2011; 116 S.; brosch., 10,- €; ISBN 978-3-86602-276-8
Für unverzichtbar hält Heiko Geue die EU, denn er sieht in ihr nicht nur die „einzig funktionierende Voraussetzung für die Emanzipation der Europäer in der Welt“ (76), die uns davor schützt, zwischen den USA und China marginalisiert zu werden, sondern sie biete auch die Chance, den Primat der Politik gegenüber den Märkten wieder zurückzuerobern. Sie sollte ein politisches Vorbild in der Globalisierung sein, denn die EU zeichne sich durch Frieden, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit aus, was man in China vergeblich suche. Doch der Autor, der während der Finanzmarktkrise im Bundesfinanzministerium dem Leitungsstab von Peer Steinbrück vorstand, sieht einen Fehler in der Konstruktion der EU: Der bereits weit integrierten europäischen Wirtschaft fehle eine Wirtschaftsregierung, die die „bedrohliche institutionelle Unwucht im Euroland endlich korrigiert“ (82). Wie lässt sich das erreichen? Eine umfangreiche Verfassungsrevision hält Geue gegenwärtig für schwierig und so favorisiert er ein institutionelles Modell, das sich relativ einfach realisieren lassen würde: Die europäische Wirtschaftsregierung sollte sich aus den 17 Staats- und Regierungschefs der in der Europäischen Währungsunion zusammengeschlossenen Staaten, dem Kommissionspräsidenten und dem zuständigen Kommissar zusammensetzen und unter deutsch-französischer Leitung wöchentlich zu Kabinettssitzungen zusammenkommen. Sowohl den nationalen Parlamenten als auch dem Europäischen Parlament wäre die Wirtschaftsregierung verantwortlich. Zu den zentralen Aufgaben dieser Regierung sollte die Schaffung eines gemeinsamen wirtschaftspolitischen Ordnungsrahmens gehören, das impliziert die Festlegung verbindlicher europäischer Standards, denn Geue sieht darin eine „Voraussetzung für innereuropäische Solidarität“ (88). Konkret bedeutet das, ein Mindestniveau für das Renteneintrittsalter in Europa zu bestimmen und europäische Mindestlöhne sollten ein Signal für mehr Fairness und Gerechtigkeit in Europa bieten. Weitere Aufgaben der Regierung wären die Durchsetzung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes, die Einführung einer Umsatzsteuer auf Finanzdienstleistungen und die Festlegung von Mindestsätzen für Unternehmenssteuern. Zwar wäre die Teilnahme freiwillig, doch würden nur die Staaten Solidarität erfahren, die diese europäische Rahmenbedingungen schaffen. Nur diese dürften die mit den Eurobonds verbundenen Vorteile auf Kosten der Gemeinschaft nutzen. Zur Realisierung dieser Ideen bedarf es der Entschlossenheit von Politikern, denn „Politik ist Wille“, so das Kredo Olof Palmes, das Geue auch zu seinem macht.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.5 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Heiko Geue: Politik ist Wille. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34454-politik-ist-wille_41378, veröffentlicht am 06.09.2012. Buch-Nr.: 41378 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken