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Thomas Roessing

Schweigespirale

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011 (Konzepte. Ansätze der Medien- und Kommunikationswissenschaft 7); 113 S.; brosch., 19,90 €; ISBN 978-3-8329-6041-4
Mit der Schweigespirale wird ein Konzept benannt, das in verschiedenen sozialwissenschaftlichen Disziplinen von Bedeutung ist, sich auch nach vierzig Jahren noch internationaler Aufmerksamkeit erfreut und untrennbar mit dem Namen Elisabeth Noelle-Neumann verbunden ist. Der leicht zu lesende Band legt die Grundzüge der Theorie als Versuch zur Erklärung von Veränderungen kollektiver Meinungsverteilungen in einer Gesellschaft auf fünf Seiten so dar, dass man sich fragt, was danach noch kommen kann. Aber bereits dieser kurze Abschnitt ist so verfasst, dass sowohl Anfänger wie auch fortgeschrittene Studierende noch Aspekte aufnehmen können, die zum Weiterdenken anregen. Für empirisch Forschende wirft die im Anschluss dargestellte Entwicklungsgeschichte die Frage auf, ob der als Hommage an Noelle-Neumann anmutende Ausflug in die Literatur und Geschichte der Philosophie mit den sozialwissenschaftlich interessierenden Aspekten der Schweigespirale verbunden werden kann. Aber dem Autor gelingt es immer wieder, einen Rückbezug auf die Bedeutung der Themen für die Veränderung kollektiver Meinungsverteilungen in einer Gesellschaft herzustellen. Spätestens mit dem Rückbezug auf die „Logik der empirischen Sozialforschung“ (30) von Popper wird die zugrunde liegende Forschungslogik der Schweigespirale als Theorie der Medienwirkung klar. In der Rezeption empirischer Ergebnisse, wie in der Aufnahme der Kritik, konzentriert sich der Autor weitgehend auf die „frühen“ Jahre. Durch die Darstellung des Drittvariablenproblems, der Bedeutung von Bezugsgruppen im Vergleich zur anonymen Öffentlichkeit sowie der begrenzten statistischen Analysemöglichkeiten der frühen Jahre werden aber kritische empirische Punkte benannt. Daher kommt der Abschluss des Lehrbuchs mit dem Hinweis der Desiderata, die im Wesentlichen einen Bezug zur veränderten Medienwelt darstellen, etwas überraschend. Dass Onlinekommunikation, die funktionale Logik der Interaktion und die technische Fähigkeit, einen Dia(Multi)log in der Gesellschaft zu initiieren und gestalten, auch zu veränderten Rahmenbedingungen führen, ist keine revolutionäre Erkenntnis. Die Frage ist, ob die Theorie der Schweigespirale auch zukünftig auf den verschiedenen Ebenen der Medienwirkung ihre Relevanz behält: als theoretisches und analytisches Konstrukt auf der Aggregatebene, in sozialpsychologischer Perspektive des Zoon Politikon auf der Individualebene oder als Instrument der politischen Soziologie (z. B. Wahlkampfforschung) auf der Mesoebene der Medienwirkung.
Jörg Jacobs (JJ)
Dr., Politikwissenschaftler, Akademie der Bundeswehr für Information und Kommunikation, Strausberg.
Rubrizierung: 5.2 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Jörg Jacobs, Rezension zu: Thomas Roessing: Schweigespirale Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34453-schweigespirale_41377, veröffentlicht am 12.07.2012. Buch-Nr.: 41377 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken