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Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISUK) (Hrsg.)

Jahrbuch Terrorismus 2010

Opladen/Farmington Hills: Verlag Barbara Budrich 2011; 392 S.; 36,- €; ISBN 978-3-86649-421-3
Sich einem so komplexen Thema wie dem internationalen Terrorismus zu widmen, ist ein schwieriges Unterfangen. Für das Jahrbuch bedeutet die schiere Komplexität der damit angesprochenen Phänomene, auswählen zu müssen. Neben einem Überblick über gegenwärtige wie künftige strategische und politische Herausforderungen durch terroristische Aktivitäten wird daher eine Auswahl präsentiert, die auf drei Säulen basiert; vorgestellt werden einige wenige „Allgemeine Trends und Probleme“, einige „Länder und Regionalanalysen“ sowie der doch recht disparat geratene Teilbereich „Politikfragen“. Zweifelsohne gehaltvoll ist die überblicksartige Bestandsaufnahme von Joachim Krause, Direktor des ISUK. Seine pessimistische Einschätzung, wonach die Intensität terroristischer Aktivitäten in den nächsten Monaten und Jahren kaum abnehmen wird, verwundert weniger. Darüber hinaus ist auch seine Prognose interessant, wonach sich die internationale Staatenwelt verstärkt auf Bedrohungsszenarien wird einstellen müssen, in denen extremistische Gruppen (zumeist islamistischer Ausrichtung) Staaten gänzlich übernehmen könnten (etwa in Pakistan oder in Saudi-Arabien). Im Gesamtgefüge des Jahrbuches erscheint der dritte Teilbereich am stärksten ausdifferenziert zu sein, wobei sich mit den Themen Afghanistan und EU-USA-Beziehungen zwei Schwerpunkte herauskristallisieren. Dabei werden indes zweierlei Schwächen erkennbar. Terrorismus wird – durchgängig im gesamten Band – aus einer westlichen Perspektive betrachtet. Alternative Sichtweisen, die gegebenenfalls auch alternative Bekämpfungsstrategien, etwa auf dem Wege der Entwicklungspolitik, aufzeigen könnten, kommen nicht vor. Darüber hinaus führt diese Perspektivverengung offensichtlich auch zu einem unkritischen Blick auf den „eigenen“ Umgang mit Terrorismus, etwa dann, wenn Jochen Steinkamp in seinem Beitrag der Anti-Terrorpolitik der Bush-Regierung attestiert, sie sei „ambitioniert“ (303). Eine solch unkritische Einlassung zu verfassungsrechtlich hoch umstrittenen Maßnahmen wie etwa dem USA-PATRIOT-Act verstört eher, als dass sie aufklärt – allzumal wenn Annegret Bendiek in ihrem Beitrag vorher durchaus kritische Worte zur Bush-Politik gefunden hat. Den Abschluss bildet ein Beitrag von Uwe Jänisch zum Thema Piraterie in Somalia. Hier stellt sich die Frage, ob mit den Themen Piraterie und Terrorismus nicht zwei Phänomene vermischt werden, die analytisch – und dementsprechend auch hinsichtlich etwaiger Reaktionen und Gegenstrategien – besser getrennt gehört hätten. Ein Argument, warum dem nicht so sein sollte, liefert Jänisch nicht.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.25 | 4.41 | 2.37 | 2.61 | 2.63 | 2.67 | 2.68 | 3.6 | 4.22 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel (ISUK) (Hrsg.): Jahrbuch Terrorismus 2010 Opladen/Farmington Hills: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34338-jahrbuch-terrorismus-2010_41215, veröffentlicht am 23.08.2012. Buch-Nr.: 41215 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken