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Katja Eddel

Die Zeitschrift MUT – Ein demokratisches Meinungsforum? Analyse und Einordnung einer politisch gewandelten Zeitschrift

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011 (VS Research); 582 S.; 49,95 €; ISBN 978-3-531-18172-1
Diss. TU Chemnitz; Begutachtung: E. Jesse, M. Gehler. – Die Ausgangsfrage, ob die Zeitschrift MUT ein „demokratisches Meinungsforum“ sei, und die Erkenntnis, dass es sich um eine „politisch gewandelte Zeitschrift“ handle, sind in der wissenschaftlichen Literatur zum intellektuellen Rechtsextremismus bzw. zur Neuen Rechten inzwischen kaum noch strittig. Eddels intensives Studium der wichtigsten Autoren, des Erscheinungsbildes und der Fremdwahrnehmung der Monatsschrift, die jeweils anhand eines extremismustheoretischen Analyserahmens auf die Kriterien Rechtsextremismus und Demokratie bezogen und vier Entwicklungsphasen zugeordnet werden, bestätigt den allgemeinen Kenntnisstand: Von diffusen Anfängen entwickelte sich MUT Ende der 1960er-Jahre zu einem Leitmedium des Rechtsextremismus, schwächte nach der Indizierung einer Ausgabe über den Holocaust 1979 seine Positionen etwas ab, blieb aber zunächst im Rechtsextremismus verwurzelt. Im Lauf der 1980er-Jahre griff ein Wandlungsprozess, der die Zeitschrift Anfang der 1990er-Jahre gegenüber dem Konservatismus öffnete, sodass sie spätestens seit 1993 ein zunehmend breiteres politisches Spektrum abbildet und nicht mehr als rechtsextrem bezeichnet werden kann. Dass kritische Beobachter – auch aus der politikwissenschaftlichen Rechtsextremismusforschung – den Wandlungsprozess zunächst skeptisch begleiteten, sollte indes vor dem Zeithintergrund interpretiert werden. Hier folgt Eddel allzu unkritisch den Selbstdeutungen des MUT-Herausgebers Bernhard-Christian Wintzek, den sie ausführlich interviewt hat und der trotz selbstkritischer Rückbetrachtung auch an eine ungerechte Verfolgung zu glauben scheint. Neben umfassender Berücksichtigung der Sekundärliteratur – bis hin zu entlegenen „grauen“ Titeln – und gründlicher Inhaltanalyse stützt sie sich erstmals auf Archivalien der Stasi-Unterlagenbehörde. Problematisch bleibt, dass ihr Doktorvater als Mitglied der MUT-Redaktion und Stammautor Untersuchungsgegenstand ist (vgl. 362-366) – einige Passagen aus Jesses Vorwort lassen einen Mangel an Distanz gegenüber dem Gegenstand erkennen, der allerdings die beachtliche Forschungsleistung Eddels nicht überschatten sollte.
Gideon Botsch (GB)
Dr., Dipl. Pol., wiss. Mitarbeiter, Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien Potsdam (http://www.mmz-potsdam.de).
Rubrizierung: 2.333 | 2.37 | 2.313 | 2.315 Empfohlene Zitierweise: Gideon Botsch, Rezension zu: Katja Eddel: Die Zeitschrift MUT – Ein demokratisches Meinungsforum? Wiesbaden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34307-die-zeitschrift-mut--ein-demokratisches-meinungsforum_41176, veröffentlicht am 05.01.2012. Buch-Nr.: 41176 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken