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Enrico Peuker

Bürokratie und Demokratie in Europa. Legitimität im Europäischen Verwaltungsverbund

Tübingen: Mohr Siebeck 2011 (Studien zum europäischen und deutschen Öffentlichen Recht 1); 303 S.; 74,- €; ISBN 978-3-16-150904-9
Rechtswiss. Diss. Jena; Begutachtung: M. Ruffert, R. Gröschner. – Der Rechtswissenschaftler Peuker entwickelt im Anschluss an Max Webers Überlegungen zur Legitimität bürokratischer Herrschaft einen Legitimitätsbegriff, der das viel zitierte Demokratiedefizit des Europäischen Verwaltungsverbundes kompensieren soll. Grundlegend für Peukers Arbeit ist die Unterscheidung zwischen einem sozialwissenschaftlich-empirischen und einem normativen Legitimitätsbegriff, wie er im deutschsprachigen juristischen Diskurs vorherrschend ist. Während der letztere den Legitimitätsanspruch einer Herrschaftsordnung anhand intrinsischer Verfassungsnormen zu bestimmen versucht, bezeichnet der erstere den Legitimitätsglauben der Herrschaftsunterworfenen. Die Originalität der Arbeit Peukers besteht nun darin, dass Max Webers Ausführungen zur Legitimität bürokratischer Herrschaft mit dem Governancebegriff artikuliert werden, um innerhalb der Jurisprudenz eine empirische Legitimitätsperspektive zu etablieren, „mit der die Legitimität von aus normativer Sicht vermeintlich illegitimen Zuständen begründet werden kann“ (4). Aus dieser Perspektive beruht die Legitimität des Europäischen Verwaltungsverbundes insbesondere auf seiner „unabhängigen Expertise“, die sich „in den Dienst des Gemeinwohls“ stellt (227). Peukers Trick beruht darauf, das Demokratieprinzip „als Optimierungsgebot“ auszulegen, um es „mit Blick auf die sich verändernden Organisationsrealitäten“ (238) weiterzuentwickeln. Damit soll die gegenwärtige Verschiebung von prinzipienorientierten hin zu ergebnisorientierten Begründungen von Demokratie, die innerhalb der Demokratietheorie unter dem Stichwort Rationalisierung der Demokratietheorie kritisch diskutiert wird, auf der formal-juristischen Ebene nachvollzogen werden. Peuker vertritt eine Position, die all jene, die ein emphatisches Demokratieverständnis verteidigen und Demokratie als den konfliktiven Prozess der Selbstinstituierung von Gesellschaft verstanden wissen möchten, zu heftigem Protest auffordert.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 3.1 | 3.3 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Enrico Peuker: Bürokratie und Demokratie in Europa. Tübingen: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34206-buerokratie-und-demokratie-in-europa_41043, veröffentlicht am 03.11.2011. Buch-Nr.: 41043 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken