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Dan Berger

Kampf im Herzen der Bestie. Militanter Widerstand in den USA

Hamburg: LAIKA Verlag 2011 (Edition PROVO III); 384 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-942281-89-8
Der Weather Underground bedeutet für die US-amerikanische Gesellschaft das, was die RAF für Deutschland darstellt: die Geschichte der politischen Radikalisierung in den 60er-Jahren, eine Geschichte zwischen Mythos und Realität. Laut Berger wird die Gruppe in ihrer gesellschaftlichen, politischen und auch wissenschaftlichen Perzeption meist zu einem Symbol für das Ende der 68er-Bewegung stilisiert und als schlagender Beweis für die Zwangsläufigkeit ihres Scheiterns instrumentalisiert. „Die fieberhaften ersten neun Monate der Gruppe werden regelmäßig herangezogen, um den gesamten Zeitraum von sieben Jahren zu definieren, in dem sie aktiv war.“ (22) Berger formuliert stattdessen nun den Anspruch, die Geschichte der Gruppe „vor Mythen und Symbolen [zu] retten und stattdessen auf einer realen Ebene zu behandeln“ (23). Die Gruppe umfasste auf ihrem Höhepunkt ungefähr 100 Leute, vorrangig Organisatoren der studentischen Bewegung SDS. Inspiriert von der Black Power Movement und der Bürgerrechtsbewegung sahen die Mitglieder ihren Untergrundkampf als Ausdruck einer Solidarität mit der Dritten Welt innerhalb und außerhalb der Vereinigten Staaten – diese Gruppe weißer Nordamerikaner definierte ihren Kampf gegen Kolonialismus und weiße Vorherrschaft als zentral für eine sozial gerechte Gesellschaft. Einer der Protagonisten war David Gilbert; seine Lebensgeschichte, die Berger als roten Faden für seine Analyse der Radikalisierung und Politisierung des Widerstandes aufgreift, stelle „die Quintessenz der weißen Linken der Sechziger“ (17) dar. Auf der Quellenbasis einer jahrelangen Brief- und Dialogfreundschaft mit dem inhaftierten Gilbert rekonstruiert Berger leidenschaftlich und kritisch zugleich, wie weiße Aktivisten im Vergleich zur schwarzen Bewegung immer radikaler wurden. Er analysiert die Ursachen und Katalysatoren für den militanten und verdeckten Kampf gegen den Staat und ordnet diesen zeithistorisch ein. Neben Gilbert als personalisierte Quelle basiert das Buch auf zwei Dutzend Zeitzeugendarstellungen sowie einer Fülle an Primär- und Sekundärquellen.
Anja Franke-Schwenk (AF)
Dr. des., wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.64 | 2.22 | 2.23 Empfohlene Zitierweise: Anja Franke-Schwenk, Rezension zu: Dan Berger: Kampf im Herzen der Bestie. Hamburg: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34189-kampf-im-herzen-der-bestie_41013, veröffentlicht am 10.11.2011. Buch-Nr.: 41013 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken