Gegenstand des vorzüglichen Bandes sind die NS-Prozesse in den Besatzungszonen sowie in der DDR und Bundesrepublik in ihrer medialen Rezeption und öffentlichen Wirkung. Von Beginn an dienten die Prozesse auch gerade der Unterrichtung der deutschen Bevölkerung über das Ausmaß der nationalsozialistischen Verbrechen. Während die Strafverfolgung Anfang der 50er-Jahre in der bundesdeutschen Öffentlichkeit kritisch und ablehnend begleitet worden war, änderten sich mit dem Ulmer Einsatzgruppenprozess 1958 allmählich Berichterstattung und öffentliche Wahrnehmung in Westdeutschland. Schwierigkeiten im Vergleich zwischen Bundesrepublik und DDR ergeben sich aus dem Fehlen von Meinungsumfragen in der DDR und der Nichtexistenz von Meinungs- und Pressefreiheit. Leider kommen ostdeutsche Akteure, wie etwa dort wirkende engagierte Staatsanwälte und ihre Handlungsspielräume, angesichts des an sich richtigen Befundes einer politisch gelenkten Justiz nicht den Blick, während der Beitrag der Minderheit engagierter westdeutscher Juristen gewürdigt wird. Die Beiträge verdeutlichen, „dass die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus in der Bundesrepublik nicht so geradlinig verlief, wie von manchen Historikern und Politikwissenschaftlern“ (30) dargestellt wird. Gleichwohl zeigt der Sammelband, dass zu den NS-Prozessen, ihrer Wahrnehmung und Wirkung noch weiterer Forschungsbedarf besteht.