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Florian Töpfl

Mediensysteme in Transformationsprozessen. Wie entstehen pluralistische Mediensysteme - und warum nicht?

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2011 (Politika. Passauer Studien zur Politikwissenschaft 4); 344 S.; 49,- €; ISBN 978-3-8329-5283-9
Diss. Passau; Gutachter: H. Oberreuter, R. Hohlfeld. – Spätestens seit der politischen Transformation der Ostblockstaaten liegt eine Vielzahl an Länderstudien zu transformatorischen Mediensystemen vor, allerdings „mangelt es an einem Analyserahmen für vergleichende Studien von Mediensystemen in Transformationsprozessen sowie von Mediensystemen in semi-pluralistischen Herrschaftsordnungen“ (38). Um diese Lücke zu schließen, erarbeitet Töpfl eine Typologie defekter Mediensysteme, wobei er Medien nach dem systemtheoretischen Paradigma als Subsysteme in Transformationsgesellschaften begreift. Zur Entstehung pluraler Mediensysteme bedürfe es einer doppelten strukturellen (Ebene der Medienorganisationen) und prozessualen (Ebene der Journalisten) Entkopplung von Medien und politischem Entscheidungszentrum. In der ersten Phase, der Demokratisierung gelenkter Mediensysteme, bleibe der normative Anspruch der Medientransformation vergleichsweise bescheiden, weil die Leistung der Medien nach dem minimalistischen Konzept elektoraler Demokratie darin besteht, den politischen Parteien Zugang zu den Wählern zu verschaffen. Diesen Anspruch sieht der Autor dann vollständig erfüllt, wenn es erstens keine Zensurbehörde mehr gibt und zweitens die Medienorganisationen nicht mehrheitlich von politischen Entscheidungsträgern kontrolliert werden. Lassen sich beide Kriterien feststellen, spricht er von demokratisch-entkoppelten im Gegensatz zu autokratisch-gelenkten Mediensystemen, die je nach Kombination der Kriterien drei verschiedene Ausprägungen annehmen können. In der zweiten Phase, der Pluralisierung demokratischer Mediensysteme, finde eine fortschreitende Entkopplung statt, die sich an den normativen Vorgaben der Nichtregierungsorganisationen „Freedom House“ und „Reporter ohne Grenzen“ zur Ausprägung der Pressefreiheit messen lasse. Je stärker Mediensysteme von dem Idealtypus abweichen, desto eher würden sie Defekte eines pluralistisch-entkoppelten Mediensystems aufweisen. Ursachen für solche Defekte werden in dreißig Thesen in einem gesonderten Kapitel dargestellt. Ein illustrativer Vergleich der Mediensystemtransformation in Tschechien und Russland stellt den analytischen Nutzen der Typologie unter Beweis und rundet die theoretisch orientierte Arbeit ab. Insgesamt leistet Töpfl einen überaus wertvollen Beitrag für die vergleichende Mediensystemforschung in Transformationsstaaten.
Andreas Hetzer (AHE)
Diplom-Medienwirt, Lehrkraft für besondere Aufgaben, Fach Politikwissenschaft, Universität Siegen.
Rubrizierung: 2.22 | 2.2 | 2.25 | 2.61 | 2.62 | 5.42 Empfohlene Zitierweise: Andreas Hetzer, Rezension zu: Florian Töpfl: Mediensysteme in Transformationsprozessen. Baden-Baden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34119-mediensysteme-in-transformationsprozessen_40923, veröffentlicht am 18.08.2011. Buch-Nr.: 40923 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken