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Klaus Wowereit

Mut zur Integration. Für ein neues Miteinander

Berlin: vorwärts buch GmbH 2011; 165 S.; brosch., 10,- €; ISBN 978-3-86602-945-3
Neben Konzepten wie Gerechtigkeit, Solidarität und Freiheit dürfte der Begriff der Integration gegenwärtig einer der umkämpftesten Ordnungsbegriffe sein. Dass mehr für Integration getan werden muss, glauben inzwischen alle größeren Parteien. Was Integration ist, wer welche Anstrengungen auf sich nehmen muss, woran Integration scheitert, wenn sie scheitert, und was von wem dagegen getan werden muss, darüber besteht hingegen wenig Einigkeit. Zudem rührt die Integrationsfrage an grundlegende politische Entscheidungsprobleme, die moderne und plurale Gesellschaften beantworten müssen: Wie wollen wir zusammenleben? Was soll gegen desintegrative Prozesse unternommen werden? Wie viel Pluralismus ist tolerabel? Was gilt als Privatsache, was als öffentliche Angelegenheit? Insofern ist es nicht überraschend, dass Wowereit den Integrationsbegriff in den Mittelpunkt dieses schmalen Büchleins stellt, in dem er seinen Entwurf einer gerechten und zukunftsfähigen Gesellschaft skizziert. Noch weniger überrascht, dass in Wowereits Analyse vor allem die Versäumnisse und die reaktionäre Weltsicht der christlich-konservativen Parteien schuld sind an den diagnostizierten Integrationsdefiziten. Die Deutungsangebote und die Angstpolitik reaktionärer Kräfte reichen seiner Meinung nach bis in die Mitte der Gesellschaft und schaffen ein von Vorurteilen und Klischees geprägtes Klima, das eine erfolgreiche Integrationspolitik unmöglich mache. Spannend ist hingegen trotzdem die Frage nach dem Wohin der Integration. Wenn wir akzeptieren, dass es die (deutsche) Gesellschaft nicht gibt, sondern nur konkurrierende Selbstbeschreibungen, stellt sich die Frage, in welche Gesellschaft integriert werden soll. In dieser Frage bleibt Wowereit vage. Deutlich wird aber, dass hier kein gegenhegemoniales Projekt formuliert wird, das auf die desintegrativen Konsequenzen des Neoliberalismus abheben würde. Kinder sollen länger gemeinsam zur Schule gehen, mehr Fachkräfte ausgebildet werden und Unternehmen gestärkt werden, so einige der zentralen Forderungen Wowereits. Der Desintegration, die durch eine wachsende soziale Ungleichheit und mangelnde Teilhabe droht, will Wowereit also vor allem mit dem Ausbau von Bildungsangeboten entgegenwirken.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.35 | 2.342 | 2.343 | 2.331 | 2.325 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Klaus Wowereit: Mut zur Integration. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34041-mut-zur-integration_40798, veröffentlicht am 02.02.2012. Buch-Nr.: 40798 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken