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Konrad Freiberg / Karsten Rudolph

Verunsicherte Freiheit. Innere Sicherheit nach 9/11

Berlin: vorwärts buch GmbH 2011; 120 S.; 10,- €; ISBN 978-3-86602-257-7
Die Bedrohung durch den global operierenden islamistischen Terrorismus hat den Wertekonflikt zwischen Freiheit und Sicherheit, der liberalen Rechtsstaaten in die Wiege gelegt ist, neu entfacht. Wie soll sich eine liberale Demokratie angesichts eines Feindes verhalten, der über den Willen und das Potenzial verfügt, Schädigungen zu verursachen, wie sie vor dem 11. September 2001 nur von Naturkatastrophen, Industrieunfällen oder zwischenstaatlichen Kriegen zu erwarten waren? Diese Frage steht im Zentrum der Beiträge Freibergs und Rudolphs. Der Historiker und ehemalige innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion in Nordrhein-Westfalen Rudolph versucht eine sozialdemokratische Sicherheitspolitik zu konzipieren, die Freiheit und Sicherheit ausbalanciert. Indem er die Unterschiede zum klassischen Terrorismus im Stil von IRA, RAF oder ETA aufzeigt, erläutert er zunächst, inwieweit der dschihadistische Terrorismus eine qualitativ neue Bedrohung darstellt. Eines der wichtigsten Spezifika des „neuen Terrorismus“ (32) besteht darin, dass er keine „klar auszumachenden Kommandostrukturen“ (33) besitzt. Das Terror-Netzwerk habe sich vielmehr zu einer integrativen Ideologie entwickelt, deren manichäisch-befreiungstheologisches Programm nicht nur Mitglieder und Schläfer, sondern auch Sympathisanten erfolgreich militarisiert habe. Als solche könne das lose Netzwerk nicht mit einer gezielten militärischen oder polizeilichen Operation ausgeschaltet werden. Rudolph kritisiert insbesondere, dass die Bundesrepublik, um einem möglichen Anschlag präventiv entgegenzuwirken, auf der Ebene der Innenpolitik mit einer generellen Stärkung der Befugnisse der Exekutive reagierte, ohne die Kontrollfunktion vonseiten der Legislative und der Judikative ausreichend zu stärken. Der langjährige Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei Konrad betont darüber hinaus insbesondere, dass die deutsche Sicherheitspolitik nicht unter „Gesetzesdefiziten“, sondern unter „Vollzugsdefiziten“ leide (79). Die beiden sind sich in vielen grundsätzlichen Fragen einig: Die Bundeswehr darf unter keinen Umständen im Innern eingesetzt werden; wenn Freiheit und Sicherheit konfligieren, muss ein Ausgleich erzielt werden, und im Zweifel ist in einer liberalen Demokratie der Freiheit Vorzug zu geben.
Marius Hildebrand (HIL)
M. A., Politikwissenschaftler, Doktorand, Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.37 | 2.343 | 2.32 Empfohlene Zitierweise: Marius Hildebrand, Rezension zu: Konrad Freiberg / Karsten Rudolph: Verunsicherte Freiheit. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34039-verunsicherte-freiheit_40796, veröffentlicht am 17.11.2011. Buch-Nr.: 40796 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken