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Daniela Forkmann

Das "Netzwerk junger Abgeordneter Berlin"

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011 (Göttinger Studien zur Parteienforschung); 381 S.; EUR 39,95 €; ISBN 978-3-531-18153-0
Diss. Göttingen. – Nach dem Regierungswechsel fand sich 1999 in der neu gewählten SPD-Bundestagsfraktion eine Gruppierung jüngerer Parlamentarier zusammen, die sich als „Netzwerk junger Abgeordneter Berlin" bezeichnete. Diese wollte sich weder als dezidiert rechts noch als links innerhalb der Sozialdemokratie verorten, sondern sah sich als eine dritte „zentristische Kraft jenseits überkommener Rechts-Links-Schemata“ (11). Zudem proklamierten die Netzwerker den Geist einer jungen, flügelübergreifenden Generation nach den 68ern und den Unterschied zu den sogenannten Enkeln. Forkmann beschreibt die Genese und organisatorische Struktur des Netzwerks, analysiert die personelle Zusammensetzung aus einer biografisch-sozialisatorischen Perspektive und geht auf die inhaltliche Zielsetzung der Gruppierung ein. Die Autorin versteht ihre Untersuchung als Fallstudie, die sich mit den Akteuren des Netzwerks als einer „Trägergruppe sozialdemokratischer Parteiarbeit auseinandersetzt“ (12). Als ein Charakteristikum des Netzwerks arbeitet sie die Betonung des politischen Pragmatismus heraus und versteht darunter die „Diskussion politischer Probleme jenseits ideologischer Vorbehalte oder Urteile“ (326). Eine pragmatische Politikeinstellung sei, wie die Analyse der Sozialisationsverläufe zeige, vor allem durch die Sozialisation im „undogmatischen Jusospektrum“ (326), durch eine vorausgegangene Tätigkeit als Bürgermeister oder durch die Herkunft aus der DDR befördert worden. Bemerkenswert sei das hohe Interesse von Netzwerkern an „außerpolitischen Informationen“ gewesen. Das Einholen von Expertenrat habe sich zu einem weiteren „Wesensmerkmal der [...] Identität und somit zu einem Bestandteil der [...] Existenzberechtigung“ (327) entwickelt. Darin unterschieden sich Netzwerker von Anfang an von Vertretern des Seeheimer Kreises und der Parlamentarischen Linken. Auch aufgrund des Führungsstils der Netzwerker, den die Autorin unter den Schlagworten „Offenheit, Partizipation, Egalität, Konsens, Kooperation, Vertrauen und Transparenz“ (334) subsumiert, unterscheidet sich diese Gruppierung von der Vorgängergeneration der Enkel. Gegen Ende der Großen Koalition auf Bundesebene und vor allem nach der Bundestagswahl 2009 hatten die Netzwerker „Rückschläge“ einzustecken, was zu einer Annäherung an den rechten Parteiflügel und zu einer stärkeren Konfrontation gegenüber der Parlamentarischen Linken führte. Der Anspruch, „eine selbstständige, unabhängige und flügelübergreifende reformistische Kraft innerhalb der Partei zu etablieren“ (338), sei – so das Resümee der Autorin – nicht realisierbar gewesen.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.331 | 2.321 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Daniela Forkmann: Das "Netzwerk junger Abgeordneter Berlin" Wiesbaden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/34012-das-netzwerk-junger-abgeordneter-berlin_40765, veröffentlicht am 09.02.2012. Buch-Nr.: 40765 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken