Afrika vor dem großen Sprung
Fern von jeglichem Afropessimismus prognostiziert der Autor, Afrika-Redakteur bei der Tageszeitung „taz“, dem afrikanischen Kontinent eine offene Zukunft mit deutlich positiven Zügen. Zwar könnten mittelfristig einige Staaten zerbrechen, allerdings gebe es gleichzeitig vielversprechende Trends, sodass der Gesamtkontinent kurz vor dem „großen Sprung“ (102) stünde. Diese Einschätzung stützt Dominic Johnson mittels einer Analyse der Veränderungen, die Afrika seit der Kolonialzeit durchlaufen hat. Dabei argumentiert er beispielsweise, dass durch eine rapide Urbanisierung neue Identitäten entstanden seien und dass Afrika im Zuge der digitalen Revolution den Anschluss an den Rest der Welt gefunden habe. Seinen Optimismus für die künftige Entwicklung Afrikas zieht er aber auch aus verbesserten Wirtschaftsindikatoren wie dem erhöhten Wirtschaftswachstum und den günstigeren Handlungsbedingungen für Rohstoffe im Allgemeinen und für Öl im Besonderen. So hätten Algerien, Angola und Nigeria von der starken internationalen Ölnachfrage rofitiert, und neue afrikanische Ölfördernationen wie Sudan, Äquatorialguinea, Ghana und Uganda zögen bereits nach (21). Für die notwendigen politischen Veränderungen in den Staaten Afrikas hofft der Autor auf das neu entstehende mittelständische Unternehmertum. Allerdings beobachtet er aktuell starke Verflechtungen zwischen staatlichen und privatwirtschaftlichen Akteuren, etwa in Angola und Nigeria. Dieser „militärisch-industrielle Komplex“ (71) sei entwicklungshemmend, und für seine volle Entfaltung müsse sich der Wirtschaftssektor von denjenigen Politikern emanzipieren, die sich lediglich für den eigenen Machterhalt und ihre Selbstbereicherung interessierten. Wie die Abstrafung der Politik konkret aussehen kann, zeigt der von einem sudanesischen Geschäftsmann gestiftete Mo-Ibrahim-Preis für verdiente afrikanische Politiker. Mangels geeigneter Kandidaten wurde er in den Jahren 2009 und 2010 nicht vergeben. Das populärwissenschaftliche Buch liest sich spannend, und der Autor bringt einen eigenen Zugang in die politikwissenschaftliche Diskussion um die Zukunft des afrikanischen Kontinents ein. Kritisch anzumerken bleibt, dass eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Ländern des afrikanischen Kontinents streckenweise dem Anspruch des Autors untergeordnet wird, eine gesamtafrikanische Prognose zu treffen; dies führt zu vereinfachenden Verallgemeinerungen.