Jürgen Kocka veröffentlicht eine Sammlung seiner Aufsätze, die, im Verlauf der vergangenen 40 Jahre publiziert, die Entwicklung der Geschichts- und Sozialwissenschaften in Deutschland nachhaltig geprägt haben – sei es im Bereich der Theoriebildung oder der Analyse historischer und zeitgenössischer Gesellschaftsentwicklungen in Deutschland und Europa. Es findet sich eine Untersuchung über das Entstehen von Großbetrieben und den Drift von eigentümer- zu managergeführten Unternehmen. Des Weiteren nachzulesen sind bekannte Schriften zur Untersuchung des Bürgers bzw. der Bürgergesellschaft und ihrem Verhältnis zum Staat. Begriffsgeschichtlich interessant sind Kockas Ausführungen zur Zivilgesellschaft, die ehemals als positive Utopie verstanden wurde, in der „mündige Bürger friedlich zusammen leben“ (192). Definitorisch seien, so Kocka, drei bedingte Kriterien heranzuziehen: die Zivilgesellschaft als „Typus sozialen Handelns“, als gesellschaftlichen Bereich „zwischen Wirtschaft, Staat und Privatsphäre“ (194) und als das utopische Projekt. Besonders lehrreich sei die Untersuchung des Begriffes Zivilgesellschaft und deren Definition über die Grenzen hinweg, denn so werde die unterschiedliche Schwerpunktsetzung zwischen z. B. Ost- und Westeuropa deutlich. Die Zusammenstellung der Aufsätze zeigt, dass Themen wie etwa die Wirtschaft als beeinflussende Variable der gesellschaftlichen Entwicklung immer noch höchste Aktualität besitzen. Kocka rekapituliert mit diesem Band die Entwicklung der historischen Sozialwissenschaften zu Anfang des 21. Jahrhunderts und bietet damit dem interessierten Leser eine Auffrischung der Themen, deren Bedeutung man auch heute nicht zu gering schätzen sollte.