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Henning Burk / Erika Fehse / Marita Krauss / Susanne Spröer / Gudrun Wolter

Fremde Heimat. Das Schicksal der Vertriebenen nach 1945. Das Buch zur Fernsehserie

Berlin: Rowohlt 2011; 265 S.; 19,95 €; ISBN 978-3-87134-714-6
Das Buch erscheint begleitend zu einer im Frühjahr 2011 ausgestrahlten TV-Dokumentation der ARD. Im Mittelpunkt steht das Schicksal der ca. zwölf Millionen Menschen, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten Schlesien, Pommern, Ostpreußen und dem Sudetenland flüchteten oder vertrieben wurden. Während bisher die Vorgeschichte der Flucht und die Vertreibung selbst Gegenstand zahlreicher Untersuchungen geworden sind, widmen sich nur wenige Abhandlungen der schwierigen Integration der Neuankömmlinge in der neuen Heimat. Noch immer wiederholt die Politik das Narrativ einer scheinbar reibungslosen, schnellen Aufnahme der Vertriebenen in die deutsche Gesellschaft. Die Autoren verweisen nun diese Erzählung ins „Reich der Mythen“ (126) und zeigen die Schwierigkeiten, denen sich diese Bevölkerungsgruppe bis weit in die 60er-Jahre hinein gegenübersah. Gefragt wird nach dem Verhältnis zwischen Alteingesessenen und Neuankömmlingen, der Alltagsgeschichte der Vertriebenen zwischen Wohnungsnot, Arbeitssuche und kultureller Integration, den Maßnahmen der Politik und den unterschiedlichen Gegebenheiten in der DDR und der Bundesrepublik. In vier eingeschobenen Kapiteln wird ein Überblick vermittelt, im Mittelpunkt aber steht die beispielhafte Dokumentation von Einzelschicksalen – in neun Kapiteln werden detailliert und emotional eindrücklich die Lebenswege von zwölf Menschen erzählt. Erläutert wird damit auch, weshalb sich Betroffene und Beobachter erst heute nachhaltig und offen mit der Thematik befassen. Für die Vertriebenen standen zunächst materielle Sorgen im Vordergrund – die wirtschaftliche Integration gelang im Großen und Ganzen, weil vor allem die jüngere Generation aufstiegsorientiert war. Das Wirtschaftswunder und dann die Zeit der 60er- und 70er-Jahre, in der mit der Ostpolitik der sozialliberalen Koalitionen die Vertriebenenthematik ad acta gelegt werden sollte, sorgten zudem für eine weitere Verdrängung der Ausgrenzungserlebnisse. Vor allem für an persönlichen Geschichten und der Thematik allgemein Interessierte empfiehlt sich dieses Buch.
Christian Haas (CHA)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.3132.3142.35 Empfohlene Zitierweise: Christian Haas, Rezension zu: Henning Burk / Erika Fehse / Marita Krauss / Susanne Spröer / Gudrun Wolter: Fremde Heimat. Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33716-fremde-heimat_40381, veröffentlicht am 16.06.2011. Buch-Nr.: 40381 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken