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Sebastian Chávez Wurm

Der Leuchtende Pfad in Peru (1970-1993) Erfolgsbedingungen eines revolutionären Projekts

Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 2011 (Lateinamerikanische Forschungen 39); 297 S.; 44,90 €; ISBN 978-3-412-20720-5
Kollektive Gewalt, so die Einsicht in der jüngeren Fachliteratur, ist kein Ausdruck des sozialen Chaos. Sie kommt nicht ohne Organisation aus. Bewaffnete Gruppen entwickeln spezifische konstitutive und integrative Mechanismen, mittels derer sie eine gewaltbasierte Ordnung etablieren. Solche Gewaltordnungen detailliert sowohl in ihren mikrosoziologischen Logiken als auch in ihrem makrosoziologischen Kontext zu beschreiben ist ein unabdingbarer Schritt auf dem Weg zu einem besseren Verständnis kollektiver Gewalt. Chávez Wurm hat mit diesem Buch über die peruanische Guerillagruppe „Leuchtender Pfad“ (Sendero Luminoso, SL) einen wichtigen und gelungenen Beitrag zur Erforschung bewaffneter Bewegungen geleistet. Dies liegt weniger an der theoretisch-konzeptionellen Einbettung der Arbeit, die zwar plausibel ist, aus einer Konfliktforschungsperspektive aber mit der These, dass strukturelle Ansätze allein zu kurz greifen, um Aufstieg und Einfluss bewaffneter Gruppen wie des SL zu erklären, keine neuen Einsichten liefert. Der eigentliche Wert der Monografie liegt vielmehr in der Beschreibung der Gewaltordnung des SL: Detailliert zeichnet der Autor zum einen die Praktiken sozialer Mobilisierung von Menschen (Rekrutierung) und Material (Finanzierung und Bewaffnung) sowie die Integration dieser Praktiken zu funktionalen Strukturen nach. Dabei geht er auch auf die Rolle von Frauen in der bewaffneten Bewegung ein – ein Thema, das in der Konfliktforschung Hochkonjunktur hat, zu dem in Bezug auf den SL bisher aber keine eindeutigen Antworten der Literatur vorlagen. Zum anderen widmet sich der Autor der Frage der Legitimierung der Gewaltordnung mittels Schaffung einer kollektiven Identität, eines ausgeprägten Personenkults um SL-Anführer Abimael Guzmán und einer in den Augen der SL-Anhänger kohärenten Ideologie. Eingebettet ist diese Analyse in eine Darstellung der politischen und ökonomischen Makroprozesse im Peru der Jahre 1970 bis 1993, also im Zeitraum von der Entstehung bis zum Niedergang des SL. In der Zusammenschau von Makro- und Mikroprozessen gelingt Chávez Wurm eine umfassende, überzeugende Beschreibung der Organisationsleistungen des „Sendero Luminoso“, die vor allem von akribischer Quellenarbeit profitiert und mit zahlreichen Mythen über die Guerillagruppe aufräumt.
Berit Bliesemann de Guevara (BB)
Dr., Dipl.-Pol., wiss. Mitarbeiterin, Institut für Internationale Politik, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.65 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Berit Bliesemann de Guevara, Rezension zu: Sebastian Chávez Wurm: Der Leuchtende Pfad in Peru (1970-1993) Köln/Weimar/Wien: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33597-der-leuchtende-pfad-in-peru-1970-1993_40224, veröffentlicht am 15.09.2011. Buch-Nr.: 40224 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken