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Dominik Trutkowski

Der geteilte Ostblock. Die Grenzen der SBZ/DDR zu Polen und der Tschechoslowakei

Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 2011 (Zeithistorische Studien 49); 205 S.; 29,90 €; ISBN 978-3-412-20673-4
Obwohl sie offiziell sogenannte Bruderländer der DDR waren, gab es an den ostdeutschen Grenzen zur Tschechoslowakei und Polen Sicherungsanlagen, Schutz- und Kontrollstreifen, Wachtürme, abgerichtete Hunde und massive Überwachung durch die Staatssicherheit. Diese Tatsache legt die Vermutung nahe, dass nicht nur die Außengrenzen des sozialistischen Lagers strengstens bewacht wurden, sondern der sozialistische Internationalismus auch vor den Binnengrenzen halt machte. Trutkowski fragt, wieso die nationalen Grenzen der sozialistischen Staaten so stark kontrolliert wurden. Er überprüft in diesem Zuge die Hypothese, ob nicht „von einem ‚geteilten Ostblock’ ausgegangen werden [muss], von einem Ostblock, der tiefer gespalten war, als bisher angenommen wurde“ (17). Genau diese Annahme bestätigt sich durch Trutkowskis vielschichtige, historisch-chronologische Analyse, in der politische, juristische, kulturelle und soziale Erklärungen berücksichtigt und zu einem ganzheitlichen Bild zusammengefügt werden. Dieses zeigt einerseits, dass die Binnengrenzen auch deshalb so stark gesichert waren, weil viele Ostdeutsche nicht direkt, sondern über andere sozialistische Länder wie die Tschechoslowakei in den Westen flohen. Andererseits sollten durch Kontrollen an den ostdeutschen Grenzen auch demokratischen Reformbewegungen oder gar nationalen Befreiungstendenzen (Aufstand in Posen, Prager Frühling) Einhalt geboten werden. Der Autor stellt außerdem klar heraus, dass – obgleich offiziell Friedens- und Freundschaftsgrenzen zwischen den Bruderländern existierten – es für Polen und die Tschechoslowakei aufgrund ihrer Geschichte wesentlich schwieriger war, eine Freundschaft mit der UdSSR aufzubauen. Diese Vorbehalte gab es dementsprechend auch gegenüber der DDR, die in stärkerer Abhängigkeit, aber auch Dankbarkeit zur UdSSR stand. Die Ansicht, Osteuropa sei ein monolithischer, homogener Block gewesen, stößt spätestens seit Trutkowskis sprachlich und inhaltlich überzeugendem Buch an ihre Grenzen.
Ines Weber (IW)
M. A., Politikwissenschaftlerin (Kommunikationswissenschaftlerin, Psychologin), wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften, Christian-Albrechts-Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.314 | 2.61 Empfohlene Zitierweise: Ines Weber, Rezension zu: Dominik Trutkowski: Der geteilte Ostblock. Köln/Weimar/Wien: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33596-der-geteilte-ostblock_40223, veröffentlicht am 28.07.2011. Buch-Nr.: 40223 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken