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Ksenija Cvetković-Sander

Sprachpolitik und nationale Identität im sozialistischen Jugoslawien (1945-1991) Serbokroatisch, Albanisch, Makedonisch und Slowenisch

Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2011 (Balkanologische Veröffentlichungen: Geschichte - Gesellschaft - Kultur 50); 496 S.; 76,- €; ISBN 978-3-447-06275-6
Die Konflikte um die Sprache von Kroaten, Bosniaken, Montenegrinern und Serben sind kein alleiniges Produkt der Jugoslawienkriege, sondern haben eine hundertjährige Tradition. Sprachfragen und -probleme waren auch im sozialistischen Staatengebilde fortwährend präsent, wenngleich darüber kaum eine nationale oder internationale öffentliche Diskussion stattfand. Sprachpolitische Debatten wurden von der Parteiführung als Tabu definiert, da sie immer auch Nationalitätendiskurse transportierten und somit dem kommunistischen Mythos eines harmonischen Miteinanders widersprochen hätten. Cvetković-Sander rekonstruiert diese widerspruchsvolle Geschichte der Sprachpolitik im sozialistischen Jugoslawien vor dem Hintergrund der nationalen Frage. Dabei zeigt sie auf, inwieweit Sprachkonflikte zur Auflösung Jugoslawiens beigetragen haben. Sie forscht nach der Ursache, warum es der kommunistischen Führung nicht gelungen ist, ein von ihr beanspruchtes kohärentes sprachpolitisches Modell zu entwerfen. Wer waren die Träger der Sprachpolitik, von welchen Standpunkten aus handelten sie und welcher Argumentationsmuster bedienten sie sich? Cvetković-Sander gelingt es, die komplexen Konfliktlinien innerhalb der Sprachgemeinschaften und jeweiligen Republiken herauszuarbeiten und sie in das Spannungsfeld der Sprach- und Nationalitätenpolitik zu integrieren. Sie erhebt nicht den Anspruch, alle 14 Sprachen des öffentlichen Gebrauchs in ihre Analyse einzubeziehen und beschränkt sich daher auf die vier Standardsprachen. Die Arbeit stützt sich neben einer Vielzahl an bereits veröffentlichten Quellen auf noch unveröffentlichte Archivbestände der Kommunistischen Partei Jugoslawiens sowie weiterer sozialistischer Verbände und Interessengruppen der jeweiligen Republiken. Eine derartige vergleichende Arbeit über die jugoslawische Sprachpolitik im Kontext der nationalen Frage fehlt bisher in der Forschungsliteratur. Auf der Basis des breiten Quellenmaterials sowie der kritischen Auseinandersetzung mit der bestehenden Forschung gelingt es Cvetković-Sander, jeglicher sozialistischen oder auch gegenwärtig nationalen Mythenbildung entgegenzuwirken.
Anja Franke-Schwenk (AF)
Dr. des., wiss. Mitarbeiterin, Institut für Sozialwissenschaften (Bereich Politikwissenschaft), Universität Kiel.
Rubrizierung: 2.61 | 2.23 | 2.25 | 2.263 Empfohlene Zitierweise: Anja Franke-Schwenk, Rezension zu: Ksenija Cvetković-Sander: Sprachpolitik und nationale Identität im sozialistischen Jugoslawien (1945-1991) Wiesbaden: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33541-sprachpolitik-und-nationale-identitaet-im-sozialistischen-jugoslawien-1945-1991_40135, veröffentlicht am 18.08.2011. Buch-Nr.: 40135 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken