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Peter Becker

Aufstieg und Krise der deutschen Stromkonzerne. Zugleich ein Beitrag zur Entwicklung des Energierechts

Bochum: Ponte Press Verlags GmbH 2010; IV, 332 S.; 24,80 €; ISBN 978-3-920328-57-7
Das Buch ist nicht in erster Linie für Politikwissenschaftler geschrieben, und doch stellt es eine Fundgrube für all diejenigen in der Zunft dar, die sich mit Energiepolitik beschäftigen. Der Autor hat lange Jahre als Rechtsanwalt in Energierechtsfällen gearbeitet und weiß aus eigener Erfahrung detailliert über die Politik der großen Energiekonzerne zu berichten. Warum diese so mächtig wurden, ist schnell erklärt: Sie gehörten bis weit nach dem Krieg dem Staat, der sich nicht selbst durch allzu viele Kontrollmechanismen fesseln wollte. Zwar setzten die Amerikaner nach dem Krieg Kartellgesetze in Deutschland durch, der deutsche Staat definierte die Energiewirtschaft jedoch als Ausnahmebereich. Anhand vieler Fallbeispiele erläutert Becker in den ersten Kapiteln, wie sich die Energiewirtschaft weiterentwickelte. Ein Liberalisierungsprozess kam erst 1998 auf Druck der EU in Gang und mündete endlich in ein Kartellgesetz und ein Energiewirtschaftsgesetz. Das Zustandekommen dieser Gesetze zeigt jedoch einmal mehr die enge Verzahnung der Energiekonzerne mit dem Staat, die sich unter anderem darin ausdrückte, dass „dem Gesetzgeber zunächst die Auspreisung der Energie aus dem Blick geriet“ (99), eine Missbrauchsaufsicht über Gaspreise kam erst 2007. Im Folgenden stellt Becker dar, wie es den Energieunternehmen mit Hilfe der Kartellaufsicht gelang, zu marktbeherrschenden Giganten heranzuwachsen. Die Ministererlaubnis für die Fusion E.ON/Ruhrgas ist ein trauriges Beispiel dafür. Der Verbraucher hat bei solchen Machenschaften immer das Nachsehen. Becker weist das in einem historischen Überblick der Preisaufsicht auf dem Energiesektor überzeugend nach. Das Kartellamt könnte den Preisabsprachen entgegensteuern, es leidet jedoch nach Beckers Meinung an seiner halbherzigen Konstruktion, die nicht zuletzt historisch bedingt ist: Der preußische Staat stand schon Kartellen positiv gegenüber. Der Staat im Nachkriegsdeutschland unterstützte dann auch mit Macht die Einführung von Atomstrom – anfangs gegen den deutlichen Widerstand der Energieunternehmen, die jetzt ironischerweise die großen Bremser bei der Einführung regenerativer Energien sind. Becker sieht jedoch keine vernünftige Alternative zu einem neuen dezentral organisierten Energiewirtschaft, die die Macht der Konzerne brechen muss.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 2.262 | 2.261 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Peter Becker: Aufstieg und Krise der deutschen Stromkonzerne. Bochum: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33540-aufstieg-und-krise-der-deutschen-stromkonzerne_40133, veröffentlicht am 20.04.2011. Buch-Nr.: 40133 Rezension drucken