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Garmin Wendt

Referenden (un-)erwünscht? Eine Untersuchung der Kontroversen zur Einführung von Volksabstimmungen in den Niederlanden

Münster u. a.: Waxmann Verlag 2010 (Niederlande-Studien: Kleinere Schriften 13); 151 S.; pb., 14,90 €; ISBN 978-3-8309-2436-4
Diplomarbeit. Münster; Begutachtung: M. Wilp, Friso Wielenga. – Dass es nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Niederlanden zu den ewig gleichen Diskussionen über die Einführung von Volksabstimmungen kommt, weiß man nach der Lektüre dieser Diplomarbeit – hier wie dort besteht keine Tradition direktdemokratischer Verfahren. Die Autorin legt im ersten Kapitel noch einmal die bekannten Vor- und Nachteile von Instrumenten direkter Demokratie dar. Sodann stellt sie auf gelungene Weise anhand von Parlamentsdebatten und Zeitungsartikeln die Kontroversen zur Einführung von Volksabstimmungen in den Niederlanden vor. Zum ersten Mal ernsthaft auf die politische Agenda kam dieses Instrument in den 1980er-Jahren durch die Biesheuvel-Kommission, die vorschlug, ein Referendum in die bestehende Verfassung zu integrieren. Allerdings waren die Regierungsparteien CDA und VVD dagegen. Erst veränderte Parteienkoalitionen führten in den 1990er-Jahren zu einem Einstellungswandel. Allerdings, so die Autorin, reichte auch die nun positive Stimmung letztlich nicht aus, um das damals zur Abstimmung stehende, bindende Referendum einzuführen – zur Ratifizierung des Gesetzes fehlte eine Stimme. Im Mittelpunkt der Darstellung steht dann das Referendum zum europäischen Verfassungsvertrag von 2005. Ermöglich wurde es, weil sich eine ungewöhnliche Koalition von Referendumsbefürwortern formierte, wodurch sich die üblichen festgefahrenen Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern auflösten. Das ablehnende Votum allerdings sorgte dann auch über die niederländischen Grenzen hinaus für Schlagzeilen. Die Autorin rekonstruiert detailliert die unterschiedlichen Debatten und Positionierungen der verschiedenen Akteure und zeichnet nach, dass aufgrund dieser schlechten Erfahrungen drei Jahre später ein weiteres Referendum über den europäischen Reformvertrag abgelehnt wurde. Die Autorin kommt daher zu dem Schluss, dass das 2005 durchgeführte Referendum langfristig keine Auswirkungen auf die Haltung der Parteien gegenüber der Einführung direktdemokratischer Instrumente in das politische System der Niederlande hatte, alle Fraktionen kehrten zu ihren angestammten Positionen zurück. Eine Einführung solcher Instrumente sei damit aufgrund der Pattsituation zwischen Referendumsbefürwortern und -gegnern in naher Zukunft nicht zu erwarten – das Fortbestehen der „unendliche[n]“ (132) Referendumsdebatten dagegen schon.
Jan Achim Richter (JAR)
Dipl.-Politologe, Doktorand, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.61 | 2.21 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Garmin Wendt: Referenden (un-)erwünscht? Münster u. a.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33460-referenden-un-erwuenscht_40044, veröffentlicht am 07.02.2013. Buch-Nr.: 40044 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken