Dieser dritte Band des Handbuchs sollte dem Titel nach „Begriffen, Theorien, Ideologien“ gewidmet sein, bleibt aber weit hinter sozialwissenschaftlichen Ansprüchen an eine niveauvolle Theorien- oder Begriffsdiskussion zurück. Statt theoretische Konzepte zu diskutieren und begriffsanalytische Interpretationen zu erwägen, sind die Autoren in der überwiegenden Mehrheit der Beiträge lediglich darum bemüht, Schlagwörter und historische Schlüsselereignisse zu beschreiben. Dies aber soll – laut Vorankündigung – eigentlich erst im vierten und fünften Band des Handbuches erfolgen. Sämtliche Antisemitismus-Theorien werden in einem einzigen Überblickstext erledigt, selbst zu den großen Interpretationsvorschlägen von zum Beispiel Arendt, Horkheimer/Adorno, Sartre oder Postone finden sich keine eigenen Einträge. Die Theorie-Diskussionen der vergangenen 60 Jahren werden fast komplett ausgeblendet. Das große Potenzial der sozialwissenschaftlichen Antisemitismusforschung, die Theorie- und Begriffsbildung, wird insofern offenkundig verworfen und durch in der Breite theoretisch anspruchlose historische Beschreibungen ersetzt. Die wenigen Höhepunkte – der Text zu linkem Antisemitismus oder der zum sekundären Antisemitismus – erscheinen fast zufällig im Band platziert und wiegen das zentrale Faktum nicht auf: Der Band segelt unter falscher Flagge, mit Theorien befasst er sich jedenfalls nicht.