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Susan Buck-Morss

Hegel und Haiti. Für eine neue Universalgeschichte. Aus dem Englischen von Laurent Faasch-Ibrahim

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2011 (edition suhrkamp 2623); 221 S.; 16,- €; ISBN 978-3-518-12623-3
Der viel beachtete Essay „Hegel and Haiti“ datiert ursprünglich auf das Jahr 2000. Er liegt hier in einer zweiten deutschen Übersetzung vor und wurde – wie die amerikanische Originalausgabe des Bandes „Hegel, Haiti, and Universal History“ (2009) – ergänzt um den Essay „Universalgeschichte“. Beiden Texten hat Buck-Morss eine Einleitung vorangestellt, in der sie deren Entstehungskontexte und die anschließenden Diskussionen aufgreift. Buck-Morss versteht ihre Arbeiten als einen „Beitrag zu einer Verlagerung des Wissens weg von traditionellen Hierarchien der Wichtigkeit“ (29). Dies erfolgt im Wesentlichen durch die Einnahme der Perspektive der post-colonial studies und die Verwendung eines postmodernen bzw. poststrukturalistischen Methodenfächers für die Ideengeschichte und Geschichtsphilosophie. Am konkretesten ist dabei noch der versuchte ideengeschichtliche Nachweis, dass Hegel beim Verfassen seines bekannten Abschnitts zu Herrschaft und Knechtschaft in der Phänomenologie des Geistes den Freiheitskampf bzw. den „Kampf um Anerkennung“ (27) der haitianischen Sklaven gegen ihre europäischen Herrscher und Ausbeuter vor Augen hatte. Abgesehen hiervon tritt die Auseinandersetzung mit Hegel deutlich hinter die Interpretation der haitianischen Ereignisse um 1800 zurück. Buck-Morss bemüht sich dabei, die transatlantische Geschichte der Sklaverei aus den eurozentrischen Deutungsmustern herrschender ideengeschichtlicher Diskurse zu befreien. Ganz im Sinne Hardts und Negris Multitude sind beide Essays ein Plädoyer gegen die Verengungen national und ethnisch präformierter, neoliberal, „weiß“ und männlich beherrschter Geschichtsschreibungen zugunsten einer „Geschichte der Hybridität und Transkulturation“ (97) von unten. Der Zielbegriff dieses neu ausgerufenen Humanismus „der universellen Menschlichkeit“ (196) bleibt zwar im Anschluss an Hegel die Freiheit, allerdings wird ihr Gehalt – im markanten Gegensatz zu Hegel – nirgends genauer bestimmt. Nicht „die Freimaurerei ist der leere Signifikant des Paranoiden“ (165), sondern die von Buck-Morss vorgestellte Universalgeschichte. Interessant und aufschlussreich sind jedoch viele kenntnis- und detailreich belegte Einzelargumente. Leider verstecken diese sich allzu oft in einem zu umfangreichen Fußnotenapparat. Es ist daher zu empfehlen, diesen trotz der Hemmungen des Leseflusses bei der Lektüre zu berücksichtigen.
Andreas Braune (BR)
M. A., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Projekt "Bildung zur Freiheit", Institut für Politikwissenschaf, Friedrich-Schiller-Universität Jena.
Rubrizierung: 5.33 | 2.65 Empfohlene Zitierweise: Andreas Braune, Rezension zu: Susan Buck-Morss: Hegel und Haiti. Frankfurt a. M.: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33453-hegel-und-haiti_40035, veröffentlicht am 01.09.2011. Buch-Nr.: 40035 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken