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Reinhard Heil

Zur Aktualität von Slavoj Žižek. Einleitung in sein Werk

Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2010 (Aktuelle und klassische Sozial- und Kulturwissenschaftler); 154 S.; 14,95 €; ISBN 978-3-531-16430-4
Der slowenische Philosoph Slavoj Žižek darf zweifelsohne als der Popstar der Postmoderne gelten, die er selbst als „kulturelle Logik des Spätkapitalismus“ (16) beschreibt. Neben einem enormen Output an Büchern, Artikeln und Vorträgen hat Žižek es auch schon zu einer Zeitschrift gebracht (International Journal of Žižek Studies), die sich mit seinem Denken beschäftigt. Eine Einführung, die dieses enorme, mitunter etwas skurril wirkende und hochkomplexe Werk erschließt, ist daher in jedem Fall zu begrüßen. Heils Einleitung in das Werk Žižeks erfüllt dann auch genau den Anspruch, den der Titel suggeriert, nämlich eine allgemein verständliche, gerade auch für Nicht-Insider geeignete Erläuterung der Grundpositionen Žižeks mitsamt seinen philosophischen, politischen und psychologischen Bezügen zu liefern. Dafür wählt Heil einen werksgenetischen Ansatz, der die Grundpositionen von Žižeks Kritik an einem total gewordenen Kapitalismus auf seine zeitgenössische Lesart von Hegel (Negativität I) und Lacan (Negativität II) zurückführt. Beide werden dann im dritten Kapitel (Negativität III) zur politischen Philosophie Žižeks zusammengeführt, die als „eingreifendes Denken (12) immer auch „eine engagierte politische Intervention“ (15) sein will. Deren Fundament ruht wesentlich auf dem hegelschen Negativitätsbegriff und der gesellschaftlich angewandten Psychoanalyse Lacans. Während die erstgenannten Bezüge auf eine „Möglichkeit der Aussetzung des Bestehenden“ (9) verweisen, ohne dabei die pathologischen Erscheinungen der Gegenwart zu verkennen, weisen sie über den Status quo hinaus, nämlich über einen Spätkapitalismus, „dessen Herrschaft so total ist, dass wir sogar begonnen haben, ihn zu lieben oder zumindest seine Herrschaft als alternativlos zu akzeptieren“ (9). Žižeks Programm der postmodernen Aufklärung entfaltet aber wegen der angenommenen Totalität des kapitalistischen Programms eine hochbrisante Seite. Da wegen der Totalität des Kapitalismus dessen Negation auch nur total sein kann, bleibt als Ausweg aus dieser potenziellen Ohnmacht „als einziges Mittel, [um] eine grundlegende Veränderung zu erreichen, nur Gewalt“ (17). Sollte die lesenwerte Einführung Heils zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit Žižek und der gegenwärtigen Verfasstheit westlicher Gesellschaften beitragen, wäre in der Tat viel gewonnen.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.46 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Reinhard Heil: Zur Aktualität von Slavoj Žižek. Wiesbaden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33419-zur-aktualitaet-von-slavoj-iek_39986, veröffentlicht am 09.03.2011. Buch-Nr.: 39986 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken