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Achim Bühl

Islamfeindlichkeit in Deutschland. Ursprünge, Akteure, Stereotypen

Hamburg: VSA 2010; 319 S.; 22,80 €; ISBN 978-3-89965-444-8
Bühl lehrt Soziologie an der Beuth Hochschule in Berlin. In seiner Studie widmet er sich den Ursprüngen der Islamfeindlichkeit in Europa und beschreibt die unterschiedlichen Feindbildstereotype. Er belegt, dass Islamfeindlichkeit nicht erst nach dem 11. September entstanden ist, sondern schon knapp 1000 Jahre zuvor. Die historische Dimension von Islamfeindlichkeit zeigt sich u. a. in der Kreuzzugsliteratur. Dort wurde der Islam als inkompatibles Gegenbild zu Europa dargestellt. Vordergründiges Ziel der strikten Abgrenzung des Okzidents vom Orient war eine Dehumanisierung des Gegners. Bühl versucht in einem weiteren Schritt durch eine akteursbezogene Analyse der Stereotype die Islamfeindlichkeit in der Moderne zu erfassen. Der rechtspopulistische Elitenrassismus à la Sarrazin gehört für ihn beispielsweise ebenso dazu wie der orthodoxe Feminismus, der mit einem universalistischen Emanzipationsbegriff neoimperialistische Züge annimmt. Doch auch die Rolle der Medien wird von ihm als ein Katalysator für eine verfälschte Darstellung „des Islams“ verantwortlich gemacht. Dort wird über „den Ausländer“ eher schlecht berichtet. Häufig treten die Reduzierungen im Zusammenhang mit Kriminalität und Migrationshintergrund auf. Das Bild des Islams in den Printmedien ist laut Bühls Untersuchung ebenfalls von Stereotypen geprägt. So werde der Islam u. a. als Ursprung wie Ursache internationaler Gewalt gesehen, als politisiertes Konstrukt, als Gefahr und Bedrohung. Damit gehe das Bild der Islamisierung und Überfremdung einher. Trotz aller historischer Fakten und kultureller Leistungen werde der Islam als nicht zu Europa zugehörig erklärt. Diese Stereotypen zeigten sich auch bei der aktuellen Debatte um einen potenziellen EU-Beitritt der Türkei. Am Ende seiner Untersuchung zeigt Bühl die institutionelle Wirkung von Feindbildern auf. Der Gesprächsleitfaden des Landes Baden Württemberg – auch Muslim-Test genannt – unterstellt jedem Muslim per religiöser Zugehörigkeit einen zumindest potenziell anti-demokratischen, verfassungsfeindlichen Charakter. Kritisch anzumerken ist die häufige Verwendung von Wikipedia als Quelle, ansonsten leistet diese Studie einen interessanten Beitrag zur aktuellen Integrationsdebatte und Wahrnehmung von Feindbildern.
Mario-Gino Harms (MGH)
Dipl.Pol., wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.35 Empfohlene Zitierweise: Mario-Gino Harms, Rezension zu: Achim Bühl: Islamfeindlichkeit in Deutschland. Hamburg: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33407-islamfeindlichkeit-in-deutschland_39971, veröffentlicht am 15.02.2011. Buch-Nr.: 39971 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken