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Peter Krause / Ilona Ostner (Hrsg.)

Leben in Ost- und Westdeutschland. Eine sozialwissenschaftliche Bilanz der deutschen Einheit 1990-2010

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2010; 796 S.; 58,- €; ISBN 978-3-593-39333-9
Auch 20 Jahre nach dem Fall der Mauer ist längst noch nicht zusammengewachsen, was zusammengehört – so ließe sich jede der in diesem Band versammelten 38 Einzelanalysen zum Stand der deutschen Einheit einleiten. Auf der Grundlage des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) und weiterer Datenquellen wird die Entwicklung der Lebensbedingungen in Ost- und Westdeutschland von 1990 bis 2010 entlang sowohl einzelner Stadien im Lebensverlauf als auch anhand lebenslaufübergreifender Themen untersucht. Begrüßenswert ist, dass die Autorinnen und Autoren zum Teil die damaligen Prognosen der sozialwissenschaftlichen Forschung aufgreifen und sie mit den aktuellen Befunden kontrastieren. Zumeist nahm man nach der Wende an, dass sich die deutsche Einheit als Anpassung von Ost- an Westdeutschland gestalten würde. Diese Annahme konnte nicht durchgängig bestätigt werden, vielmehr finden sich in den Beiträgen auch Belege für die These einer „doppelten Transformation“ (18). Vor allem im Bereich der Erwerbsbeteiligung und der Geschlechterverhältnisse zeigen sich wechselseitige Annäherungen. Insgesamt bieten die Analysen einen differenzierten Blick auf die Lebensverhältnisse im Ost-West-Vergleich. In vielen Bereichen hat sich die Situation für die ostdeutsche Bevölkerung verbessert (z. B. Wohnen, Freizeit, Gesundheit), während in anderen Bereichen erhebliche Unterschiede zum Westen zu verzeichnen sind. Letztere beziehen sich nicht nur auf Einkommen, Arbeit oder strukturelle Rahmenbedingungen, sondern lassen sich auch bei den politischen Orientierungen und dem politischen Engagement feststellen. So stehen die Ostdeutschen den Analysen zufolge der Demokratie relativ skeptisch gegenüber und zeigen sich mit der demokratischen Praxis deutlich weniger zufrieden als die Westdeutschen. Abgerundet wird der Band durch forschungspraktische Überlegungen und einen Überblick über die Datenlage für sozialwissenschaftliche Analysen. In einer Bilanz der bisherigen Forschungserträge wird eingeräumt, dass sich das Interesse der Forschung zu sehr auf die Vereinigungsprobleme nach der Wende orientiert habe und „der lange Atem der gesellschaftlichen Dauerbeobachtung fehlt“ (53). Die Herausgeber fragen aber auch, ob in künftigen Forschungen Ost-West-Differenzierungen „überhaupt noch Sinn“ (12) ergeben oder nicht besser von regionalen Disparitäten ausgegangen werden sollte.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.315 | 2.3 | 2.35 | 2.342 | 2.343 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Peter Krause / Ilona Ostner (Hrsg.): Leben in Ost- und Westdeutschland. Frankfurt a. M./New York: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33379-leben-in-ost--und-westdeutschland_39933, veröffentlicht am 30.03.2011. Buch-Nr.: 39933 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken