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Alexandra Rau

Psychopolitik. Macht, Subjekt und Arbeit in der neoliberalen Gesellschaft

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2010; 450 S.; 36,90 €; ISBN 978-3-593-39304-9
Diss. Frankfurt am Main; Gutachterinnen: T. Siegel, A. Maihofer. – Die Arbeits- und Industriesoziologie hat in den vergangenen Jahren in unterschiedlichen Zusammenhängen aufgezeigt, dass mit dem Übergang zur postfordistischen Arbeits- und Produktionsweise in der Tendenz eine starke Subjektivierung von Erwerbsarbeitsverhältnissen verbunden ist. Dies wird von den einen als verstärkte Ökonomisierung der gesamten Lebensweise und damit als weiter gewachsene Abhängigkeit gesehen, von anderen als potenzieller Raum zur individuellen Entfaltung gefeiert. Diese Debatte ließ sich im Rahmen der Arbeitssoziologie bislang nicht auflösen, da ihr ein differenzierter Subjektbegriff fehlte und ein Wandel in den Arbeitsbeziehungen infolgedessen nur vor dem Hintergrund eines klassischen – und zugleich abstrakten – soziologischen Herrschaftsverständnisses analysiert werden konnte. An diesem Punkt greift Rau die Diskussion auf und entwickelt zunächst unter Rückgriff auf Foucaults Gouvernementalitätsstudien sowie auf psychologische und psychoanalytische Ansätze einen Subjektbegriff, welcher ein differenziertes Bild unterschiedlicher Formen von Herrschaft über das Subjekt erlaubt. Das Subjekt wird dementsprechend nicht mehr nur als ein passives Opfer von Herrschaft verstanden, sondern als eine Form, durch die regiert wird. Am Beispiel einer empirischen Analyse von Arbeitsverhältnissen in der IT-Branche zeigt die Autorin, dass die Subjektivierung von Arbeitsverhältnissen eine neue gesellschaftliche Machtform widerspiegelt, welche sie als Psychopolitik bezeichnet. Die Psyche – und damit verbunden die Arbeit am Selbst – wird damit gleichsam zum Produktionsmittel. Insgesamt handelt es sich um eine der besten arbeitssoziologischen Studien der vergangenen Jahre, die gleichermaßen für alle diejenigen von Interesse ist, die sich mit Formen von Macht und Herrschaft in unserer gegenwärtigen Gesellschaft beschäftigen.
Björn Wagner (BW)
Dipl.-Politologe, Doktorand und Lehrbeauftragter, Universität Jena.
Rubrizierung: 5.42 | 2.2 | 2.342 Empfohlene Zitierweise: Björn Wagner, Rezension zu: Alexandra Rau: Psychopolitik. Frankfurt a. M./New York: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33378-psychopolitik_39932, veröffentlicht am 15.02.2011. Buch-Nr.: 39932 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken