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Jochen Bittner

So nicht, Europa! Die drei großen Fehler der EU

München: Deutscher Taschenbuch Verlag 2010; 288 S.; kart., 14,90 €; ISBN 978-3-423-24833-4
Die EU ist Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden. Sie hat den Frieden in Europa gesichert, aber die Avantgarde-Mentalität der Brüsseler EU-Elite entfernt sie immer mehr von den Bürgern. Für den Zeit-Journalisten Bittner krankt Europa an drei Problemen: „Die EU regelt das Kleine zu groß und das Große zu klein. Sie regelt das Weiche zu hart und das Harte zu weich. Und sie bewegt sich oben zu schnell und unten zu langsam.“ (10) Sie verbietet Glühbirnen aus den Läden, findet aber keine gemeinsame Strategie gegen die zunehmende Anhängigkeit von russischem Gas. Sie verdrängt die Sicherheitsprobleme an ihrem östlichen und südöstlichen Rand und verliert sich regelmäßig in kleinteiligen Diskussionen über große strategische Fragen. Das Europaparlament ist „ein politisches Leichtgewicht“ (141). Es beschließt wie am Fließband Resolutionen, aber keine davon hat Konsequenzen. Im Kern krankt Europa an der Übermacht der Exekutiven und einem Zuviel an Verwaltung, aber einem Zuwenig an Politik. In der Brüsseler Konsensmaschinerie wird Opposition gegen einzelne Vorschläge allzu schnell als Opposition gegen die EU an sich abgestempelt. Anhand von vielen Beispielen macht Bittner deutlich, dass es im Grunde genommen um eine schlichte Kernfrage geht: „Was muss Europa regeln, um seine Staaten widerstandsfähig gegen äußere Herausforderungen zu halten, und was darf es nicht regeln, um ihre inneren Kräfte nicht zu ersticken?“ (277) Letztlich kann dies nicht per Gesetz bestimmt werden; Subsidiarität muss immer wieder neu austariert werden. Bittner fordert deshalb besonders die nationalstaatlichen Parlamente dazu auf, dem Trend zur europäischen Exekutivdemokratie entgegenzutreten. Er erklärt, warum Europa nicht nur Gutes bringt, lässt aber auch keinen Zweifel daran, dass die Fortführung des Projekts EU in unser aller Interesse liegt. Bittner argumentiert aus der Praxis heraus und trotz aller Kritik mit Sympathie für die EU. Er verfällt nirgends in hochtrabendes Kauderwelsch, seine Sprache bleibt stets lebendig und präzise. Wer sich für den die fundamentalen Probleme der europäischen Integration interessiert, ist mit diesem Buch als Einstiegslektüre besser aufgehoben als bei so manchem schwergewichtigen politikwissenschaftlichen Einführungsband.
Walter Rösch (WR)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 3.1 | 3.3 | 3.5 | 3.6 Empfohlene Zitierweise: Walter Rösch, Rezension zu: Jochen Bittner: So nicht, Europa! München: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33368-so-nicht-europa_39919, veröffentlicht am 30.03.2011. Buch-Nr.: 39919 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken