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Jürgen Wilhelm (Hrsg.)

Kultur und globale Entwicklung. Die Bedeutung von Kultur für die politische, wirtschaftliche und soziale Entwicklung

Berlin: Berlin University Press 2010; 241 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-940432-95-7
Dass soziokulturelle Faktoren für den Erfolg oder Misserfolg von Entwicklungsprojekten entscheidend sind, gilt inzwischen als unstrittig. Dennoch wird der Relevanz von Kultur in der entwicklungspolitischen Praxis häufig nicht ausreichend Rechnung getragen. Als markantes Beispiel führt der Herausgeber, der Geschäftsführer des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED) ist, die nicht unbedeutenden Millennium-Development-Goals der UN an, in denen der kulturelle Aspekt völlig unerwähnt bleibt. Es sei an der Zeit, gibt Wilhelm eindringlich zu verstehen, die alten Dogmen der Entwicklungspolitik (wie die Maslow’sche Bedürfnispyramide und die rein ökonomisch-rationale Modernisierungstheorie) aufzugeben und der Kultur als „wirkungsmächtigstem Faktor des gesellschaftlichen Lebens […] endlich die gebührende Aufmerksamkeit“ (25) zu verleihen. Der Band resultiert aus einem Symposium, das der DED in Kooperation mit InWEnt und ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) im Mai 2010 in Bonn veranstaltet hat, um die wechselseitigen Einflüsse zwischen Kultur und Entwicklung aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten. Die Autoren, Experten aus Wissenschaft und entwicklungspolitischer Praxis, fragen zum einen nach der Bedeutung kultureller Faktoren für die politische, ökonomische und soziale Entwicklung und zum anderen danach, wie Kultur selbst zum Gegenstand von Entwicklungspolitik gemacht werden kann. Dabei geht es um theoretische Begriffsklärungen ebenso wie um Darstellungen von Praxisbeispielen. In mehreren Beiträgen wird die Schwierigkeit, kulturelle Vielfalt zu akzeptieren, thematisiert. Über die Problematik der Gefährdung kultureller Vielfalt in fremden Kulturen reflektiert Jirka Vierhaus und diskutiert Grenzen und Möglichkeiten auswärtiger Kulturförderung. Mehrere Autoren weisen zudem auf mögliche Konflikte zwischen kultureller Vielfalt und universalen Menschenrechtspostulaten sowie auf die Gefahr eines Kulturrelativismus hin. Dass es bei dem Thema Kultur und Entwicklung nicht nur um Entwicklungsländer geht, sondern auch um die Zukunft unserer eigenen Gesellschaft als Einwanderungsgesellschaft, verdeutlicht Tina Gadow. „Wir sind mittendrin in einem Prozess, bei dem wir uns fragen müssen, ob bzw. wie wir uns mit dem ‚Fremden’ auseinandersetzen […], welche Entwicklung wir für unsere Gesellschaft wollen.“ (135) Es heiße im entwicklungspolitischen Zusammenhang immer, Kultur sei lebendig und dynamisch, doch gelte es auch hierzulande „unseren eigenen Kulturwandel wahrzunehmen und zu gestalten“ (138), mahnt die Autorin.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.44 | 4.21 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Jürgen Wilhelm (Hrsg.): Kultur und globale Entwicklung. Berlin: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33336-kultur-und-globale-entwicklung_39872, veröffentlicht am 24.03.2011. Buch-Nr.: 39872 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken