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Gotthard Breit / Peter Massing (Hrsg.)

Soziale Milieus. Politische und gesellschaftliche Lebenswelten in Deutschland. Eine Einführung

Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag 2011 (uni studien politik 41); 111 S.; 9,80 €; ISBN 978-3-89974645-7
Das Konzept sozialer Milieus gilt mittlerweile als ergänzender Ansatz der Gesellschaftsanalyse, nicht als Alternative für die vermeintlich überlebten Begriffe Klasse und Schicht. In der Milieu- und Lebensstilforschung werden Merkmale der Sozialstruktur betrachtet, die nicht ausschließlich sozioökonomische, sondern auch kulturelle Orientierungen, politische Einstellungen und Konsummuster berücksichtigen. Formen sozialer Ungleichheit und Tendenzen der Individualisierung und Entstrukturalisierung lassen sich mithilfe von Milieumerkmalen differenzierter betrachten, gleichwohl verlieren klassenbezogene Konfliktlinien dabei nicht an Bedeutung. Die Autoren beleuchten Aspekte der politischen Kultur, insbesondere den Wandel von Milieustrukturen und deren Auswirkungen auf den Parteienwettbewerb. Michael Hofmann skizziert zudem die Ausdifferenzierung sozialer Milieus in der DDR sowie deren strukturelle Veränderungen und neue Konfliktlinien im Zuge der deutschen Einheit, die bis heute die politische Kultur in den neuen Bundesländern prägen. Diana Auth und Peter Massing betrachten einzelne Politikfelder und soziale Gruppen. Eine Feststellung lautet, dass der Umbau des Sozialstaates in der Familien-, Pflege- und Seniorenpolitik nicht dazu geführt hat, dass soziale Ungleichheit „in relevantem Maße abgebaut“ werden konnte. Vielmehr bleiben Stratifizierungseffekte „bestehen oder werden sogar verschärft“ (Auth, 81). Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt Massing in der Auswertung aktueller Studien zu den Lebenslagen von Menschen mit Migrationshintergrund. Der Band spiegelt das breite Themenspektrum politischer Milieu- und Kulturforschung. Dennoch bleibt der Milieubegriff als analytisches Konzept theoretisch unterbelichtet. Seine gesellschafts- und herrschaftskritische Dimensionen hinsichtlich der Verteilung von sozialem, kulturellem und ökonomischem Kapital sowie entsprechender Machtressourcen werden in wenigen Anmerkungen bei Auth und Massing erwähnt, in ihrer Bedeutung für institutionalisierte politische Prozesse aber kaum problematisiert. Auch Oskar W. Gabriel und Klaus Detterbeck setzten den Milieubegriff als gegeben voraus und verbleiben in ihren Beiträgen über soziale und politische Milieus auf einer eher deskriptiven Ebene der Akteurs- und Institutionenanalyse.
Andreas Eis (AE)
Jun.-Prof. Dr., Didaktik des politischen Unterrichts und der politischen Bildung, Institut für Sozialwissenschaften Oldenburg, Fakultät I.
Rubrizierung: 2.331 | 2.35 | 2.342 Empfohlene Zitierweise: Andreas Eis, Rezension zu: Gotthard Breit / Peter Massing (Hrsg.): Soziale Milieus. Schwalbach/Ts.: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33243-soziale-milieus_39746, veröffentlicht am 24.03.2011. Buch-Nr.: 39746 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken