Sozialwiss. Diss. Gießen; Gutachter: E.-U. Huster, A. Evers. – Für einen Großteil der Deutschen stellt die gesetzliche Rentenversicherung, die 2008 Ausgaben in Höhe von rund 240 Milliarden Euro verzeichnete, im Alter die Haupteinnahmequelle dar. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung handelt es sich um ein lohngekoppeltes, umlagefinanziertes Rentensystem, in dem die Arbeitnehmerbeiträge unmittelbar zur Finanzierung der laufenden Renten verwendet werden. Analysten sehen die gesetzliche Rentenversicherung deshalb vor zwei Risiken: dem von andauernden Finanzkrisen und dem des demografischen Wandels. Letzterer führt nachweislich zu einem sich verschlechternden Verhältnis zwischen Beitragszahlern und Rentenempfängern. Er gilt demnach als die Ursache für immer größere Finanzierungsengpässe in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Annahme hinterfragt Bourcarde. Er geht davon aus, dass den bisherigen Krisen der gesetzlichen Rentenversicherung in erster Linie andere Ursachen zugrunde lagen. Zur Begründung seiner These analysiert er zunächst die Interessenlagen und die Funktionsweise des dynamischen deutschen Rentensystems. Darauf aufbauend überprüft er die Tragfähigkeit der Annahmen über die sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen, die der Rentenreform von 1957 zugrunde liegen. Bourcarde kommt zu dem Ergebnis, dass die gesetzliche Rentenversicherung vor allem deshalb von Finanzierungsengpässen betroffen ist, weil die Politik für Reformen 1957 unzutreffende Vorausberechnungen verwendete und die Rentenversicherung entgegen ihrer ursprünglichen Konzeption vom wirtschaftlichen Wachstum abgekoppelt wurde. Der Autor kritisiert, dass die Politik die Debatte um den demografischen Wandel zur Verschleierung eigener Fehler und als Vorwand für eine scheinbar alternativlose Rentenpolitik instrumentalisiert.