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Mathias Stuhr

Mythos New Economy. Die Arbeit an der Geschichte der Informationsgesellschaft

Bielefeld: transcript Verlag 2010 (Sozialtheorie); 327 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-8376-1430-5
Diss. Leipzig. – Die New Economy stand Ende der 90er-Jahre für den Anbruch einer neuen Ära ökonomischer Innovationen, vielfach getragen von jungen Selbstständigen, die kreativ mit den Informations- und Kommunikationstechnologien umzugehen wussten. Unkonventionell im Habitus und die Grenze zwischen Arbeits- und Privatsphäre ignorierend erzielten sie mit Start-ups schnell sehr hohe Umsätze und exorbitante Börsengewinne. Allerdings ist diese sogenannte Dotcom-Blase zwischen 2000 und 2003 rasch implodiert – und hat nach Angaben des Autors allein in Deutschland 600 Milliarden Euro vernichtet. Ihn interessieren an diesem schillernden Phänomen weniger ökonomische oder arbeitsorganisatorische Aspekte; er möchte vielmehr im Rahmen einer kultursoziologischen Studie die New Economy als Mythos interpretieren, der die Transformation der realwirtschaftlich fundierten Arbeitsgesellschaft in die Informationsgesellschaft vorwegnehmend beschreibt. Konzeptionell verknüpft Stuhr das strukturalistische Mythenmodell Roland Barthes mit Ansätzen der politikwissenschaftlichen Mythosanalyse (Münkler, Zimmering). Während im Sinne Barthes beim Alltagsmythos dessen formal bedingte ideologische Komponente angesprochen wird, bietet New Economy als politischer Mythos kollektiv geltende Handlungsoptionen. Stuhr behandelt zunächst die historische Basis der New Economy in Deutschland – hier anschaulich an der damaligen Berliner Situation – und setzt sich dann mit den die neuen Arbeits- und Lebensformen artikulierenden mythischen Erzählungen auseinander. Theoretisch zentral ist schließlich das Kapitel, in dem anhand von sechs Begriffen die dem Mythos der New Economy zugrunde liegenden ideologischen Strukturen analysiert werden. Diese begriffliche Konfiguration umschreibt demnach jenes Dispositiv, das unser Handeln und Denken auf die Transformation zur umfassenden Informatisierung im Kontext „der Globalisierung, der Hochtechnologie und der vernetzten Ökonomie“ einstimmen soll (233).
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.2 | 2.331 | 2.3 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Mathias Stuhr: Mythos New Economy. Bielefeld: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33205-mythos-new-economy_39699, veröffentlicht am 10.05.2011. Buch-Nr.: 39699 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken