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Jörg Huffschmid

Kapitalismuskritik heute. Zeitdiagnosen: Vom Staatsmonopolistischen zum Finanzmarktgetriebenen Kapitalismus. Hrsg. Von Rudolf Hickel und Axel Troost

Hamburg: VSA 2010; 214 S.; 16,80 €; ISBN 978-3-89965-396-0
Auch im Kreise der linkskeynesianischen Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik war Jörg Huffschmid eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Als bekennender Marxist, Anhänger der Theorie des staatsmonopolistischen Kapitalismus (Stamokap) und zwischenzeitliches Mitglied im Vorstand der DKP löste er bei seinen Weggefährten durchaus mitunter Verwunderung aus. Dieses wird deutlich anhand des Vorworts, das Rudolf Hickel und Axel Troost verfasst haben, um einen Band mit ausgewählten Beiträgen des vor zwei Jahren verstorbenen Bremer Ökonomen einzuleiten. Die nochmals aufgelegten 14 Aufsätze sind von hoher Aktualität. Dieses hängt vor allem damit zusammen, dass die meisten Beiträge 2004 und später verfasst worden sind und somit Ein- und Ausblicke auf die Finanzkrise der Jahre 2008 ff. liefern. Huffschmid erklärte diese jedenfalls nicht nur mit der inneren Logik kapitalistischen Wirtschaftens, weil ihm das zu „zu abstrakt und letztlich irreführend“ (28) erschien. Vielmehr habe es besondere Konstellationen gegeben, in denen sich der finanzmarktgetriebene Kapitalismus entsprechend so entfalten konnte. Am Ende habe eine erhöhte Liquidität der Kapitalmärkte kaum ausreichende realwirtschaftliche Profitmöglichkeiten besessen. Während Huffschmid Rentenreformen, Privatisierungen, geringe Lohnsteigerungen, Private-Equity-Firmen oder Hedgefonds als Triebfedern der Entwicklung identifiziert, nimmt er hingegen weniger die Rolle der Zentralbanken oder die Haushaltspolitik der westlichen Industriestaaten ins Visier. Huffschmids Gegenrezept besteht aus einer stärkeren Regulation der Finanzmärkte und vor allem einer stärkeren staatlichen Intervention in der Wirtschaft. Letzteres bildet die Brücke zu den älteren Beiträgen. In diesen argumentiert Huffschmid nicht minder grundsätzlich. Sein Credo bleibt aber die „Erkenntnis, dass die Krise notwendig zum Kapitalismus gehört, [das] muss weder zu Resignation Anlass geben, noch kann sie mit der kurzschlüssigen Formel ‚Kapitalismus muss weg‘ beantwortet werden“ (172). In diesem Sinne plädierte er 1995 auch für eine Weiterentwicklung und Entdogmatisierung der Stamokap-Theorie. Dieser Aufsatz erscheint deswegen sozusagen als das Scharnier zwischen theoretischem Anspruch, praktischer Analyse und normativem Standpunkt Huffschmids.
Stephan Klecha (SKL)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Institut für Demokratieforschung der Universität Göttingen.
Rubrizierung: 4.43 | 2.313 | 2.331 | 2.342 | 2.22 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Stephan Klecha, Rezension zu: Jörg Huffschmid: Kapitalismuskritik heute. Hamburg: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33199-kapitalismuskritik-heute_39690, veröffentlicht am 27.10.2011. Buch-Nr.: 39690 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken