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Ute Hasenöhrl

Zivilgesellschaft und Protest. Eine Geschichte der Naturschutz- und Umweltbewegung in Bayern 1945-1980

Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2010 (Umwelt und Gesellschaft 2); 632 S.; 59,95 €; ISBN 978-3-525-31707-5
Diss. FU Berlin; Gutachter: J. Kocka; J. Radkau. – Entgegen der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit verfügt die Umwelt- und Naturschutzbewegung hierzulande über eine beachtliche historische Tradition. Diesen Traditionslinien geht die Autorin am Beispiel Bayerns nach. Das Land wurde gewählt, weil dort der institutionelle Naturschutz und die Naturschutzbewegung vergleichsweise stark waren und sind. Vergleichend untersucht die Verfasserin das Auftreten, den Politikstil und die Themenwahl unterschiedlicher Akteure. Dazu zählen die traditionellen Verbände Bund Naturschutz, Naturfreunde oder Alpenverein, Institutionen des staatlichen oder amtlichen Naturschutzes sowie die seit den späten 60er- und verstärkt seit den 70er-Jahren auftretenden Bürgerinitiativen. Inhaltlich geht es um die Auswirkungen von Landwirtschaft, Energieversorgung und Tourismus auf die Natur beziehungsweise was dafür gehalten wird. 1970 ist die zeitliche Zäsur, die die Verfasserin – in Übereinstimmung mit der gegenwärtigen Umweltgeschichtsschreibung – wählt, um ihre umfangreiche Arbeit in zwei chronologische Blöcke aufzuteilen. Das Jahr markiert hierbei vor allem die Politisierung der Umweltfrage. Insgesamt macht diese gehaltvolle und sehr dichte Studie deutlich, wie sich die Umwelt- und Naturschutzbewegung nach 1945 tendenziell von einer konservativen, staatsnahen Strömung zu einer zivilgesellschaftlichen und bürgerschaftlichen Bewegung wandelte und sich dabei auch der politischen Linken öffnen konnte. Dennoch blieben weite Teile des Naturschutzes wertkonservativ und bodenständig, und selbst die Anti-AKW-Bewegung war in Bayern wesentlich von bürgerlich-konservativen Kräften getragen. Das bedeutet aber nicht, dass die Naturschutzbewegung konfliktscheu gewesen wäre und auch nicht, dass es nicht auch im staatlichen Naturschutz bemerkenswerte kritische Akteure gegeben hätte. Dies zeigt die Verfasserin am Beispiel Otto Kraus, der von 1949-1967 als Landesnaturschutzbeauftragter in offizieller Position war und dort gleichermaßen „als ‚Maulwurf’ des zivilgesellschaftlichen Naturschutzes“ (507) wirkten konnte.
Christoph Kopke (CKO)
Dr. phil., Dipl.-Pol., wiss. Mitarbeiter, Moses Mendelsohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 2.331 | 2.341 | 2.325 | 2.313 Empfohlene Zitierweise: Christoph Kopke, Rezension zu: Ute Hasenöhrl: Zivilgesellschaft und Protest. Göttingen: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33169-zivilgesellschaft-und-protest_39641, veröffentlicht am 09.03.2011. Buch-Nr.: 39641 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken