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Kristin Seffer / Heidrun Zinecker (Hrsg.)

Gewaltkriminalität in Zentralamerika. Formen, Ursachen, Einhegungsmöglichkeiten

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (Studien zu Lateinamerika 6); 309 S.; 54,- €; ISBN 978-3-8329-5589-2
Gemessen an den Homizidraten bilden Guatemala, El Salvador und Honduras die Spitze der weltweiten Gewaltstatistik. „Die gegenwärtige Gewalt ist eine Gewalt im Frieden. Soll ihre Einhegung Erfolge haben, braucht es eine Analyse der Ursachen“ (9), schreiben die Herausgeberinnen. Zu diesem Zweck haben sie im März 2009 eine Tagung veranstaltet, aus der dieser anregende Band hervorgegangen ist. Er versammelt Beiträge ganz unterschiedlicher Autoren: Neben europäischen sowie latein- und nordamerikanischen Akademikern aus der Soziologie, der Friedens- und Konfliktforschung, der Politik-, Geschichts- und Rechtswissenschaft kommen Vertreter aus Sicherheitsbehörden, Entwicklungsexperten sowie ehemalige Gewaltverbrecher zu Wort. Diesem heterogenen Autorenkreis wurde die ganz konkrete Frage gestellt, wie es zu erklären sei, dass die Homizidrate in Guatemala, El Salvador und Honduras extrem hoch, in Nicaragua und Costa Rica hingegen relativ niedrig ist. Als Erklärungsfaktoren werden von den Autoren und ihren Ko-Referenten vor allem staatliche Gewalt, das Versagen bzw. Fehlen von legitimierten staatlichen Institutionen und soziale Ungleichheit diskutiert. Die Politikwissenschaftlerin Mo Hume lenkt den Blick auf die verschiedenen Formen von Gewalt und nennt Gender, Alter und soziale Klasse als wichtige Faktoren für das Verstehen von Gewalt. Vor allem kritisiert sie (wie auch andere Autoren in diesem Band), dass kriminelle Gewalt häufig als ein nicht-politisches Phänomen betrachtet wird. Würde man erkennen, dass Gewalt mit Rechtsstaatlichkeit und Demokratie inkompatibel ist, führt Hume fort, lasse sie sich „als zentrales Instrument in klientelistischen Beziehungen analysieren“ (108). Hierfür bedürfe es einer Analyse der Rolle des Staates im Transitionsprozess. Der in dem Band dargelegten Fülle an Einzelerkenntnissen stellt Zinecker den Entwurf eines Theoriemodells zur Erklärung von Gewaltkriminalität voran, mit dem sie die kriminologische Theorie politikwissenschaftlich unterfüttern will. Angewendet auf die konkrete Tagungsfrage kommt Zinecker zu der beachtenswerten Erkenntnis, dass zwischen Armut und Gewalt keine unmittelbare Kausalität besteht. „Dies zu erklären“, konstatiert sie, „haben bisher selbst und gerade die Politikwissenschaft und die politikwissenschaftlich orientierte kritische Friedens- und Konfliktforschung nicht vermocht“ (48).
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.65 | 2.21 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Kristin Seffer / Heidrun Zinecker (Hrsg.): Gewaltkriminalität in Zentralamerika. Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33091-gewaltkriminalitaet-in-zentralamerika_39536, veröffentlicht am 09.03.2011. Buch-Nr.: 39536 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken