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Yan Zhang

Volk, Autorität und Grundrechte. Eine diskurstheoretische Untersuchung

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (Kieler Rechtswissenschaftliche Abhandlungen (NF) 62); 249 S.; 64,- €; ISBN 978-3-8329-5780-3
Rechtswiss. Diss. Kiel; Gutachter: R. Alexy, R. Meyer-Pritzl. – Zieht man ein Fazit aus dieser ambitionierten Analyse, so lässt sie sich als rechtsphilosophische Streitschrift eines chinesischen Autors wider die Willkür charakterisieren. Zhang orientiert sich dabei eng an den Werken seines Doktorvaters, des Kieler Rechtsphilosophen Alexy. Er greift dessen Überlegungen zu einer Diskurstheorie des Rechts auf, in der das Richtigkeitsargument eine zentrale Position einnimmt. Damit verbunden ist die diskursive Begründung von Grund- und Menschenrechten. Der Richtigkeitsanspruch (nicht identisch mit dem Anspruch auf Wahrheit) sei als konstituierendes Element eines Rechtssystems zu verstehen. Dabei gelte, dass eine Handlung nur dann rechtlich richtig sei, „wenn sie juristisch diskursiv möglich ist“ (26). Von dieser grundsätzlichen Überlegung aus nähert sich der Autor dem diskurstheoretischen Begriff des Volkes über die Argumente Rousseaus und Kants, womit „die Unrepräsentierbarkeit der Volkssouveränität“ angesprochen und die Definition der volonté générale „als eine bloße Idee“ (57) für die weitere Analyse übernommen wird. Nach einer Auseinandersetzung mit den Konzeptionen des Volkes von Georg Jellinek, Hans Kelsen und Gustav Radbruch definiert Zhang das Volk als Diskursgemeinschaft, die aus „realen konkreten Individuen“ (88) besteht. Der Volkswille sei, so die weitere Schlussfolgerung mit Verweis auf die Theorie von Alexy, einerseits als begründeter Konsens zu verstehen, mit dem alle Mitglieder der Diskursgemeinschaft einverstanden seien. Dieser Konsens komme vor allem in der Verfassung zum Ausdruck, wobei das Volk nach deren Verabschiedung als Konsensgeber verschwinde und sich in „auf den Konsens bezogene Subjekte“ (120) transformiere. Deshalb müsse andererseits zugleich der mit „der individuellen Freiheit verbundenen subjektiven Richtigkeit“ (93) Rechnung getragen werden – auch hier handelt es sich wieder um eine begründbare, konsensfähige Richtigkeit, im Hintergrund dieser Argumentation steht der kategorische Imperativ. Von diesen beiden Aspekten ausgehend bestimmt Zhang die Träger der rechtlichen Autorität (Staat, Justiz) und der Grundrechte (Individuen). Deutlich herausgestrichen wird schließlich, dass eine Transformation des individuellen Willens in einen objektiven Verfassungskonsens und damit auch der konkrete Ausdruck der inhaltlich unbestimmten Menschenrechte in konsensfähigen Grundrechten nur in einer Demokratie möglich sind.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 5.44 | 5.41 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Yan Zhang: Volk, Autorität und Grundrechte. Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33067-volk-autoritaet-und-grundrechte_39508, veröffentlicht am 09.02.2011. Buch-Nr.: 39508 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken