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Pavlina Amon / Stephan-Immanuel Teichgräber (Hrsg.)

Otto Bauer. Zur Aktualität des Austromarxismus. Konferenzband 9. Juli 2008

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2010 (Studien der Dokumentationsstelle für ost- und mitteleuropäische Literatur 1); 146 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-631-59283-0
Mit einer Verortung der Lehre Otto Bauers in der Gegenwart eröffnet die Wiener Dokumentationsstelle für ost- und mitteleuropäische Literatur (DOML) eine neue Studienreihe. Im Angesicht der virulent gewordenen Finanz- und Kapitalismuskrise fand im Jahr 2008 eine Konferenz statt, bei der gefragt wurde, ob Bauer nach der Wende von 1989 überhaupt noch praktisch-politische oder wenigstens theoretische Relevanz zukommt. Dementsprechend listet Richard Saage die Rezeptionsgeschichte des Bauer’schen Werkes auf und erkennt in der österreichischen Sozialdemokratie der Zweiten Republik einen ausgeprägten Distanzierungsprozess, der bis heute anhalte, um „unter kapitalistischen Bedingungen sich von der marxistischen Vergangenheit zu lösen“ (15). Die Hinwendung der Sozialdemokratie zum neoliberalen Weg prangert auch Peter Ulrich Lehner an, weil sie es geradezu unmöglich mache, die wirtschaftsdemokratischen Entwürfe Otto Bauers zu verwirklichen. In ähnlicher Weise denkt Axel Rüdiger über eine „Wiederentdeckung Bauers als frühen Theoretiker der Globalisierung“ (60) nach und erblickt in der gegenwärtigen Abwesenheit von Politik und dem Unbehagen am liberalen Kapitalismus, der „immer eine faschistische Option bereithält“ (64), Chance und Notwendigkeit für den Postmarxismus. Schon bei Rüdiger, noch deutlicher bei Ernst Hanisch, wird auf die für den Austromarxismus typische und erforderliche Verbindung von Sozialdemokratie und Wissenschaft, von praktischer und theoretischer Arbeit hingewiesen. Hanisch bezeichnet Bauer als „Politiker-Intellektuellen“ (127) und erinnert, dass der Austromarxismus als wissenschaftliche Gruppe junger Marxisten (Adler, Renner, Hilferding, Eckstein, Bauer) im Wiener Fin de Siècle begonnen hatte. Jene Zeit beleuchtet auch Wolfgang Maderthaner und richtet den Blick auf den assimilierten jüdischen Hintergrund Otto Bauers. Im Übernationalen, Kosmopolitischen, ja in einem imaginierten Deutschtum verortet er die Vielzahl großbürgerlicher Juden der zweiten und dritten Einwanderergeneration, die sich der Sozialdemokratie anschlossen und die Internationalität sowie Intellektualität jener Strömung maßgeblich prägten.
Tamara Ehs (TE)
Dr. phil., Politikwissenschaftlerin am IWK Wien und Lehrbeauftragte an der Universität Salzburg (http://homepage.univie.ac.at/tamara.ehs/)
Rubrizierung: 2.4 | 2.22 | 5.43 | 5.46 Empfohlene Zitierweise: Tamara Ehs, Rezension zu: Pavlina Amon / Stephan-Immanuel Teichgräber (Hrsg.): Otto Bauer. Frankfurt a. M. u. a.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32875-otto-bauer_39270, veröffentlicht am 21.09.2010. Buch-Nr.: 39270 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken