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Johannes M. Becker / Herbert Wulf (Hrsg.)

Afghanistan: Ein Krieg in der Sackgasse

Berlin: Lit 2011 (Schriftenreihe zur Konfliktforschung 25); 221 S.; 2. Aufl.; 24,90 €; ISBN 978-3-643-10460-1
Der Band enthält Beiträge zum Konflikt in Afghanistan. Ausnehmend kritisch werden die Rahmenbedingungen, militärische Strategien, die Bemühungen um den zivilen Aufbau und in einem Beitrag auch die Geschlechterlogik in der Afghanistan-Berichterstattung geschildert. Die Autorinnen und Autoren nehmen sich eines Themas an, das für die politischen Veränderungen in der Anwendung der Instrumente der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik steht. Die Beiträge sind aber leider in einer durchweg wertenden Sprache (z. B. „ein Ende des Desasters ist nicht in Sicht“ [Buchinformation], „Bombennacht von Kunduz“ [81]) unter Ausblendung realer Entwicklungen verfasst. Dies und die implizite Anwendung von Verschwörungstheorien (z. B. „Die Armee dient globalen Zielen und deutschen Handelsinteressen“ [18]) führen dazu, dass die wissenschaftlich-inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Veränderungen und der Anstoß für eine gesellschaftliche Debatte entwertet werden. Es drängt sich der Eindruck auf, dass die aus dem Umfeld des Marburger Zentrums für Konfliktforschung stammende Autorenschaft statt einer fundierten wissenschaftlichen Analyse ein politisches Programm vorstellt. Wenn etwa Claudia Haydt ihren Beitrag über das Kommando Spezialkräfte mit den Worten „Außer Kontrolle“ überschreibt, ein Unterabschnitt mit „Jeder Zivilist ist ein potenzieller Gegner“ betitelt wird und dann indirekt unterstellt wird, dass Angehörige des Kommandos Zivilisten („Hirten“, [127]) einfach erschießen würden, ist diese Polemik wenig geeignet, einen wissenschaftlichen Diskussions- oder Analyserahmen über die Anwendung verdeckter staatlicher Gewalt zu begründen. Gerade durch den Wandel des staatlichen Gewaltpotenzials (z. B. Cyberkrieg oder ferngesteuerte Drohnen) ist eine gesellschaftliche Diskussion über die Anwendung und Kontrolle staatlicher Gewalt angezeigt. Leider leistet dieser Band mit seiner generellen Unterstellung der Militarisierung der Außenpolitik und des Primats des Militärischen dazu keinen Beitrag.
Jörg Jacobs (JJ)
Dr., Politikwissenschaftler, Akademie der Bundeswehr für Information und Kommunikation, Strausberg.
Rubrizierung: 4.41 | 2.68 | 4.21 | 4.1 | 2.2 | 2.25 Empfohlene Zitierweise: Jörg Jacobs, Rezension zu: Johannes M. Becker / Herbert Wulf (Hrsg.): Afghanistan: Ein Krieg in der Sackgasse Berlin: 2011, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32852-afghanistan-ein-krieg-in-der-sackgasse_39241, veröffentlicht am 12.07.2012. Buch-Nr.: 39241 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken