Skip to main content
Kai A. Konrad / Holger Zschäpitz

Schulden ohne Sühne? Warum der Absturz der Staatsfinanzen uns alle trifft

München: C. H. Beck 2010; 240 S.; 19,95 €; ISBN 978-3-406-60688-5
Die Autoren wollen mit dem Mythos vom unerschütterlichen Staat aufräumen, der sich trotz besseren Wissens bis heute gehalten habe. Sie befassen sich dazu mit der allgemeinen Verschuldung öffentlicher Haushalte und warnen vor den möglichen damit einhergehenden Gefahren wie einer Hyperinflation – die Altersvorsorge in Form von Lebensversicherungen oder die Riester-Rente, Bundesanleihen oder schlicht die Euros auf dem Konto seien auf Währungsstabilität angewiesen. Mit der Stützung Griechenlands durch ein beispielloses Rettungspaket von 750 Millionen Euro sehen Konrad und Zschäpitz aber einen gefährlichen Präzedenzfall geschaffen, denn dadurch drohten dem Bundeshaushalt weitere Belastungen in dreistelliger Milliardenhöhe, die aus der innereuropäischen Solidarhaftung erwachsen. Die Autoren konstatieren, dass sich hier die Konstruktionsmängel der Währungsunion zeigten und die Einheitswährung eines neuen Regelwerks bedürfe. Entsprechend überlegen Konrad und Zschäpitz abschließend, ob eine Art von EU-Wirtschaftsregierung als Fiskalkontrollrat, der den Stabilitätspakt mit harter Hand durchsetzt, Abhilfe schaffen könnte. Jedoch zeigen sie in ihren fundierten Überlegungen, dass versteckte Formen der Staatsverschuldung auch weiterhin möglich blieben: durch Schattenhaushalte, Kreditaufnahmen durch staatseigene Unternehmen oder staatliche Garantien für Unternehmen. Für die Autoren bedeutet dies, dass eine Währungsstabilität mit nationaler Entscheidungsautonomie nur dann verträglich ist, wenn die Eigenverantwortung auch tatsächlich greift. Systemalternativen ohne Eigenverantwortung führten zu „Verschuldungsfehlanreizen und in der Folge zu einem ‚weichen‘ Euro“ (205). Ein Staat wie Griechenland sei eigentlich nur unter den gegenwärtigen Bedingungen der Finanzmärkte systemrelevant, erläutern die Autoren. Gelänge es, „das Finanzmarktkasino zu schließen“, wäre das „Versprechen sich nicht zu helfen“ (211) glaubhafter und der Anreiz zur Selbsthilfe stärker. Dafür, so bemerken sie abschließend nur noch, müsste die Systemrelevanz von Banken beseitigt, deren Größe begrenzt und höhere Eigenkapitalanforderungen verlangt werden.
Timo Lüth (TIL)
Student, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 4.43 | 2.2 | 2.61 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Timo Lüth, Rezension zu: Kai A. Konrad / Holger Zschäpitz: Schulden ohne Sühne? München: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32792-schulden-ohne-suehne_39163, veröffentlicht am 25.10.2010. Buch-Nr.: 39163 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken