Die große Wut und die kleinen Schritte. Gewerkschaftliches Organizing zwischen Protest und Projekt
Seit den 80er-Jahren verzeichnen die deutschen Gewerkschaften massive Mitgliederverluste. Speziell ihr Einfluss unter jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern scheint kontinuierlich zu schwinden. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, versuchen die Gewerkschaften, neue Techniken und Strategien der Organisierung anzuwenden. Vorbild ist das sogenannte Organizing-Konzept, mit dessen Hilfe insbesondere die US-amerikanische Gewerkschaftsbewegung zahlreiche Erfolge erzielen konnte. Doch was ist Organizing? Eine Antwort auf diese Frage gibt der Hamburger Historiker Birke. Skizziert werden sowohl die historischen Wurzeln dieses Konzepts als auch die „neuen Formen der gewerkschaftlichen Organisierungsarbeit“ (12) in Deutschland. Um einen tieferen Einblick in die aktuellen Organizing-Kampagnen zu erhalten, führte der Autor zahlreiche Interviews mit Wissenschaftlern, Gewerkschaftsfunktionären, Organizern und betrieblich Aktiven. Birke zeigt vor allem Konfliktfelder und Widersprüche der bundesdeutschen Pilotprojekte (wie beispielsweise der Lidl- oder Schlecker-Kampagne) auf, denn die Vorstellungen über Ziel und Zweck des Organizing-Konzepts sind durchaus verschieden; sie reichen von einer bloßen Ausrichtung auf Mitgliedergewinnung bis hin zur Stärkung innerbetrieblicher Basisorganisationen. Birkes Werk bietet einen gelungenen Überblick über die vielseitigen Facetten des Organizings. Dem Autor gelingt es, mit zahlreichen Verweisen auf Organizing-Erfahrungen in Ländern wie Südafrika, Südkorea oder den Vereinigten Staaten die jeweiligen Voraussetzungen für (lokale) Projektinitiierungen zu benennen sowie die transnationale Reichweite der Kampagnenentwicklung zu betonen.