Skip to main content
Mayssoun Zein Al Din (Hrsg.)

Religion als politischer Faktor? Eine Untersuchung am Beispiel der Frage des politischen Konfessionalismus in Libanon

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010 (Religion – Konflikt – Frieden 2); 290 S.; 44,- €; ISBN 978-3-8329-5360-7
Politikwiss. Diss. Aachen; Gutachter: M. Schmitz, R. Rotte. – Die institutionellen Grundlagen des multikonfessionellen libanesischen Staates wurden im Nationalpakt von 1943 gelegt. Damals verständigten sich die Eliten auf ein an konfessionellen Grenzen orientiertes Proporzsystem, das den Glaubensgemeinschaften gemäß den demografischen Verhältnissen Zugang zu und die Ausübung von Macht ermöglichen sollte. Zein Al Din sieht darin die Institutionalisierung eines politischen Konfessionalismus. Sie beschreibt nun, wie dieser politische Konfessionalismus zahlreiche libanesische Krisen verursacht hat. Dies gelingt Zein Al Din, indem sie unterschiedliche Facetten des politischen Konfessionalismus im Libanon sowohl aus historischer, sozioökonomischer, demografischer als auch aus politisch-institutioneller Perspektive beleuchtet. Zu Beginn werden die historischen Wurzeln des Libanons skizziert und der Einfluss des politischen Konfessionalismus auf die libanesische Geschichtsschreibung untersucht. Anschließend werden die wichtigsten konfessionellen Gruppen nach Selbstbild und internen Richtungskonflikten dargestellt. Den Hauptteil der Arbeit bildet die empirische Prozessanalyse des politischen Konfessionalismus im modernen Libanon vom Nationalpakt 1943 über die Bürgerkriegsjahre (1975-1990) bis hin zur Nachkriegszeit. In einem letzten Schritt wird die institutionelle Dimension des politischen Konfessionalismus analysiert und in die breitere Theoriediskussion um Verhandlungsdemokratien eingebettet. Dabei gelingt es der Autorin, grundsätzliche Vor- und Nachteile von konkordanzdemokratischen Regierungssystemen aufzuzeigen und Libanon-spezifische institutionelle sowie strukturelle Problemstellen des Proporzsystems offen zu legen. Zein Al Din kommt zu dem Ergebnis, dass im politischen Konfessionalismus des Libanons auf vielfältige Weise Gründe für die politischen Krisen zu finden sind, zahlreiche ungünstige Rahmenbedingungen noch heute negativ auf die Leistung des Proporzsystems wirken und letztlich konkrete Schritte zur Überwindung des politischen Konfessionalismus nötig sind.
Marcus Gerngroß (GM)
M. A., Politikwissenschaftler, Promotionsstudent an der Universität Regensburg.
Rubrizierung: 2.23 | 2.63 Empfohlene Zitierweise: Marcus Gerngroß, Rezension zu: Mayssoun Zein Al Din (Hrsg.): Religion als politischer Faktor? Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32410-religion-als-politischer-faktor_38672, veröffentlicht am 17.06.2010. Buch-Nr.: 38672 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken