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Gerhard Schweppenhäuser

Kritische Theorie

Stuttgart: Philipp Reclam jun. 2010 (Grundwissen Philosophie); 140 S.; 9,90 €; ISBN 978-3-15-020330-9
Der Autor bietet einen prägnanten Einblick in die historische Entwicklung und zentralen Denkansätze der Kritischen Theorie. Es wird deutlich, dass eine der einflussreichsten philosophischen Gesellschaftstheorien des 20. Jahrhunderts mit einem Widerspruch zu kämpfen hat. Sie selbst verstand sich gerade nicht als bloße Schule oder geschlossenes Theoriegebäude mit festen Annahmen, sondern sah sich in der Tradition undogmatischen, kritischen Philosophierens – ihre Vertreter sprachen von „kritischer“, nicht „Kritischer“ Theorie. Folgerichtig besteht eine große Bandbreite zwischen radikaleren kritischen, den Positivismus vollständig ablehnenden Denkern und solchen, die wie Jürgen Habermas Anknüpfungspunkte in den modernen Sozialwissenschaften sehen. Im ersten Teil erläutert Schweppenhäuser in einem historischen Überblick die verschiedenen Paradigmen dieser Sozialphilosophie und stellt ihre zentralen Vertreter, von Max Horkheimer über Herbert Marcuse bis Habermas, vor. Er betont die Wechselwirkungen von gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen und wesentlichen Konzepten der Theorie. Die Krise der liberalen Demokratie und der kapitalistischen Wirtschaftsform zu Beginn der 30er‑Jahre, das Zusammenspiel von kühler rationalistischer Technologie und archaischer Totalitarität im Holocaust sowie die Konsens‑ und Konsumgesellschaft der Nachkriegsdemokratien und ihre Kulturindustrien haben kritische Denkansätze entschieden beeinflusst oder erst entstehen lassen. Der zweite Teil des Buches bietet einen Überblick über ausgewählte, aus der Perspektive der Kritischen Theorie wiederholt analysierten Themenschwerpunkte (u. a. Ideologie, Moral, Herrschaft, Kultur) in der Lesart ihrer Vertreter. Bei aller Heterogenität der Untersuchungsgegenstände der Kritischen Theorie zeigt sich, dass sie ihre Daseinsberechtigung aus dem Verständnis, jede deskriptive Theorie ohne Kritik sei unbrauchbar, bezieht. Kritische Sichtweisen betonen die Widersprüchlichkeit scheinbar wertneutraler, aber tatsächlich normativ geprägter moderner Konzepte und messen sie an ihren eigenen Ansprüchen.
Christian Haas (CHA)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 5.1 | 5.42 | 5.46 Empfohlene Zitierweise: Christian Haas, Rezension zu: Gerhard Schweppenhäuser: Kritische Theorie Stuttgart: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32269-kritische-theorie_38505, veröffentlicht am 20.05.2010. Buch-Nr.: 38505 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken