Halbstarke in der DDR. Verfolgung und Kriminalisierung einer Jugendkultur
Diss. Halle-Wittenberg; Gutachter: P. Hertner, P. Wagner. – Im Zentrum der Arbeit steht die quellengestützte Untersuchung der besonderen Merkmale von Halbstarken in der DDR, wobei die Autorin die These vertritt, dass die Jugendlichen „angesichts ihrer eingeschränkten Möglichkeiten eine DDR-spezifische Spielart des gesamtdeutschen 'Halbstarken'-Phänomens“ (291) schufen. Dies betraf nicht nur die Verhaltensweisen der Jugendlichen selbst, sondern insbesondere die Reaktion gegenüber der „Amerikanisierung“ der deutschen Kultur, die in Ostdeutschland im Zeitalter des Kalten Krieges eine klarere politische Aufladung erfuhr und, abgesehen von der kurzen Phase des Tauwetters nach 1957, entsprechend rigide verfolgt wurde. Der Autorin gelingt es, die bisher vorliegenden Untersuchungen zu diesem Thema durch die Analyse von Vorfällen in den Bezirken Halle, Karl-Marx-Stadt und Magdeburg zu vertiefen und so zu zeigen, dass die nonkonformistische Jugendkultur keineswegs nur ein hauptstädtisches Phänomen gewesen ist. In der Bewertung schwankt Janssen zwischen Kleßmanns asymmetrisch verflochtener deutscher Nachkriegsgeschichte einerseits und dem totalitarismustheoretischen Ansatz andererseits. Da sich die Arbeit aber auf die Verfolgung jugendlicher Devianz in der DDR beschränkt, muss eine theoretische Gesamtwürdigung letztlich explorativ bleiben. Anzumerken ist, dass sich die Darstellung zumeist auf die deskriptive Wiedergabe der entsprechenden DDR-Akten beschränkt, was den Leser an einigen Stellen etwas ratlos zurücklässt, wenn etwa beschrieben wird, dass der eine oder andere Rädelsführer wegen Spionage verurteilt wird, ohne dass dieser Vorwurf bestätigt oder entkräftet wird.