Skip to main content
Sandra Carreras / Barbara Potthast

Eine kleine Geschichte Argentiniens

Frankfurt a. M.: Suhrkamp 2010 (suhrkamp taschenbuch 4147); 287 S.; 10,- €; ISBN 978-3-518-46147-1
„‚Hacer la América’, sein Glück in der Neuen Welt zu versuchen, hieß für viele Europäer, nach Argentinien auszuwandern, das nach den USA das zweitwichtigste Migrationsziel war“ (8). Im 19. und 20. Jahrhundert wurde Einwanderung als ein Mittel angesehen, um das Land zu bevölkern, zu modernisieren und die Wirtschaft zu beleben, berichten die Autorinnen – Carreras ist am Iberoamerikanischen Institut in Berlin tätig und Potthast lehrt an der Universität Köln Lateinamerikanische Geschichte. „‚Regieren heißt bevölkern’“ (105) war das Motto der Regierenden in jener Zeit – sie hatten die Vision, eine Gesellschaft nach europäischem Vorbild zu schaffen. So strömten Hunderttausende Europäer ins Land auf der Suche nach wirtschaftlichem Erfolg in der Kornkammer der Welt. Doch die große Depression habe dem Traum vom wirtschaftlichen Aufschwung, aber auch dem Demokratisierungsprozess ein Ende gesetzt. Instabilität sei, so die Autorinnen, eine Konstante der argentinischen Geschichte. Aufbrüche und Enttäuschungen seien prägend für die Historie des Landes. Phasen sozialer und politischer Reformen seien mehrfach durch Militärdiktaturen beendet worden, ökonomischen Erfolgen und einem relativen Wohlstand der Mittelschichten folgten erhebliche Krisen, wie zuletzt zu Beginn dieses Jahrtausends. 1983 habe eine Phase der Demokratisierung eingesetzt, viele Argentinier hegten die Hoffnung, dass das Land schnell zu einer demokratischen Entwicklung zurückfinden würde. Jedoch habe sich gezeigt, dass die „Hinterlassenschaften der Diktatur, die Schwächung oder gar Zerstörung staatlicher Mechanismen zur Steuerung der Wirtschaft, die Last einer enormen Auslandsverschuldung und die traumatischen Nachwirkungen des Staatsterrors“ (233) die Erwartungen trübten. Mit diesen Problemen, die u. a. die Ursache für mehrere Regierungskrisen in den letzten Jahren gewesen seien, hätten alle demokratischen Regierungen seit 1983 bis heute zu kämpfen. Insgesamt handelt es sich um eine interessante, gut lesbare Darstellung der politischen, sozialen und kulturellen Entwicklungen Argentiniens, angefangen bei der Kolonialzeit, über die Unabhängigkeit bis hin zu den heutigen Herausforderungen.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.65 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Sandra Carreras / Barbara Potthast: Eine kleine Geschichte Argentiniens Frankfurt a. M.: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/32009-eine-kleine-geschichte-argentiniens_38177, veröffentlicht am 19.11.2010. Buch-Nr.: 38177 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken